Medizinstudium:NRW stellt bundesweit erstes Gesetz zur Landarztquote vor

Arztpraxis

In mehreren Bundesländern könnte bald einfacher einen Studienplatz in Humanmedizin bekommen, wer nach dem Studium eine Weile als Hausarzt auf dem Land arbeitet.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
  • Nordrhein-Westfalen vergibt künftig einen Teil der Medizinstudienplätze an Bewerber, die sich verpflichten, nach dem Studium für zehn Jahre als Hausärzte auf dem Land zu arbeiten.
  • Der Gesetzentwurf zur sogenannte Landarztquote ist bundesweit bisher einzigartig.
  • Auch andere Bundesländer diskutieren den Ansatz, um künftig den Bedarf an Hausärzten in entlegenen Regionen abdecken zu können.

Nordrhein-Westfalen bietet jungen Menschen einen Deal an: Wer verspricht, nach einem Medizinstudium als Arzt auf dem Land zu arbeiten, bekommt einen der begehrten Studienplätze im Land. Mehr als sieben Prozent der Plätze werden ab dem Wintersemester 2019/20 außerhalb des sonstigen Vergabeverfahrens an diejenigen Anwärter vergeben, die dieses Versprechen eingehen.

Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann von der CDU hat am Dienstag einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Es ist der bundesweit erste dieser Art. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts habe gezeigt, so Laumann, dass nicht ausschließlich ein hervorragendes Abitur den Weg in die Medizin eröffnen dürfe. Vielmehr müsse sich die Auswahl der Studierenden mehr an den Bedarfen der medizinischen Versorgung orientieren.

Das Gericht hatte die bisherige Praxis bei der Vergabe von Medizin-Studienplätzen Ende 2017 als teilweise verfassungswidrig eingestuft und die Politik zu Anpassungen aufgefordert. Bislang gehen im Fach Humanmedizin 20 Prozent der Studienplätze an die Bewerberinnen und Bewerber mit den besten Abiturnoten, weitere 20 Prozent werden nach Wartezeit vergeben. Die verbliebenen 60 Prozent teilen die Hochschulen anhand eigener Kritierien zu, wobei auch hier die Abiturnote meist von großer Bedeutung ist. Künftig sollen etwa medizinische Vorkenntnisse wie Tätigkeiten in der Rettungsassistenz oder in der Pflege sowie die Leistungen in Eignungstests eine größere Rolle spielen.

Zum Vorgehen in Nordrhein-Westfalen sagte Gesundheitsminister Laumann: "Über eine Vorabquote werden wir voraussichtlich 7,6 Prozent der Medizinstudienplätze in Nordrhein-Westfalen an Bewerber vergeben können, die sich verpflichten, nach ihrer Facharztausbildung für zehn Jahre in einer unterversorgten Region als Hausarzt zu arbeiten." Das Landeszentrum für Gesundheit (LZG) werde dafür das Auswahlverfahren durchführen sowie die Vergabe der Studienplätze evaluieren.

Auch die Kriterien der Studienplatzvergabe an die angehenden Hausärzte umriss Laumann. Neben der Abiturnote sollen demnach Kriterien wie eine Berufsausbildung und Berufserfahrung einfließen. Und: "Patientenorientierung in Verbindung mit Empathie und Sozialkompetenz sind wichtige Schlüsselfaktoren des ärztlichen Berufs. Daher ist zudem geplant, im Rahmen eines standardisierten Tests die Eignung zur Tätigkeit als Landarzt zu überprüfen", sagte Laumann.

Nach früheren Angaben des Ministers ist der Ärztemangel in NRW am schlimmsten in Ostwestfalen und Lippe. Insgesamt, sagte er, seien schon 60 Prozent der Hausärzte auf dem Land über 60 Jahre alt. Dem Gesundheitsministerium zufolge stieg die Zahl der jährlich ausscheidenden Hausärzte seit 2006 um fast 80 Prozent auf zuletzt 457. Die Zahl der neu zugelassenen Hausärzte sei dagegen nicht einmal halb so hoch.

Weitere Bundesländer erwägen Landarztquote

In Rheinland-Pfalz wird aktuell ebenfalls über die Einführung einer Landarztquote diskutiert, um den Bedarf an Hausärzten in entlegenen Regionen abdecken zu können. Eine solche Quote sei kein Allheilmittel, aber eine sinnvolle Option, um die Niederlassung als Arzt im ländlichen Raum zu unterstützen, sagte Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD). Nach Ansicht der Kassenärztlichen Vereinigung fehlen zwischen Eifel und Pfalz bis 2022 etwa 4110 Hausärzte, Fachärzte und Psychotherapeuten.

In Bayern bereitet derzeit das Wissenschaftsministerium Änderungen im Hochschulzulassungsrecht vor, um die Landarztquote zu ermöglichen. "Bayern wird bis zu fünf Prozent der Medizinstudienplätze vorab an Bewerberinnen und Bewerber vergeben, die sich verpflichten, nach Abschluss des Studiums und der fachärztlichen Weiterbildung in der Allgemeinmedizin für bis zu acht Jahre in der hausärztlichen Versorgung in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Regionen tätig zu sein", teilt ein Sprecher des Ministeriums auf SZ-Anfrage mit.

Sowohl die fachliche Eignung und Motivation zur hausärztlichen Tätigkeit sollen in besonderen Auswahlverfahren überprüft werden. Mit "wirksamen Sanktionen" werde außerdem abgesichert, dass die eingangenen Verpflichtungen auch eingehalten werden. Wann die ersten Bewerbungen für dieses Verfahren angenommen werden können, steht allerdings noch nicht fest. Die Umsetzung werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen, heißt es aus dem Ministerium.

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