Koalitionsvertrag:Union und SPD vergessen das Bafög

Die Mieten schnellen nach oben, die Lebenshaltungskosten steigen. Eine Erhöhung des Bafög für Studierende wäre deshalb dringend nötig. Von einer Reform der Studienfinanzierung steht im Koalitionsvertrag jedoch nichts - kommen soll sie trotzdem.

Von Johann Osel

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD findet sie mit keinem einzigen Wort Erwähnung: die Bafög-Reform. Eigentlich hatte sich die Arbeitsgruppe Bildung in den Verhandlungen bereits auf eine "spürbare" Erhöhung der Fördersätze für Studenten geeinigt, wie es hieß, ebenso auf eine Anpassung auf die neue Studienstruktur aus Bachelor und Master; zudem hatte die amtierende Bundesbildungsministerin Johanna Wanka im Frühjahr im Interview mit der Süddeutschen Zeitung einen großen Wurf angekündigt. Das Bafög gehe "heute teilweise an der Lebenswirklichkeit vorbei", zum Beispiel bei den starren Altersgrenzen für Empfänger.

Dass die Reform nicht im Koalitionsvertrag stehe, bedeute nicht, dass sie nicht komme, stellte Wanka nun am Freitag klar. "Wir machen eine Bafög-Reform, darauf können Sie sich verlassen", sagte die CDU-Politikerin zu Spiegel Online. Der Umstand, dass die versprochene Bafög-Reform nicht in der Endfassung des in der Nacht zum Mittwoch fertiggestellten Vertrages steht, sei nur einem "redaktionellem Irrtum" in den Morgenstunden geschuldet, meldet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Bildungspolitiker von Union und SPD.

Die fehlende Erwähnung der Reform im Vertrag könnte freilich auch an der ungeklärten Finanzierung liegen. Bereits bei den Verhandlungen stand die Reform unter Finanzierungsvorbehalt. Wenn nicht nur Fördersummen und Elternfreibeträge erhöht werden, sondern etwa Altersgrenzen fallen sollten, bedeutet dies Zusatzkosten von wohl Hunderten Millionen Euro im Jahr. Davon müsste der Bund 65 Prozent, die Länder 35 Prozent tragen.

Nötige Erhöhung

30 Prozent der Studenten erhalten derzeit Bafög - im Schnitt 448 Euro im Monat, zur Hälfte als Darlehen, zur Hälfte als Förderung. Traditionell wehren sich die Länder bei Erhöhungen, die schon allein wegen steigender Lebenshaltungskosten - vor allem steigender Mieten - nötig wären, gegen Mehrausgaben.

Dem letzten Bafög-Plus war ein harter Poker zwischen Bund und Ländern vorausgegangen. Damals hatte die schwarz-gelbe Koalition den Kreis der Berechtigten schon ausgeweitet. Die Altersgrenze stieg auf 35 Jahre, schwule Lebenspartnerschaften wurden Ehen gleichgestellt. Laut Wankas Plänen vom Frühjahr seien moderne Bildungsbiografien - so etwa ein Teilzeitstudium oder ein Master für beruflich Erfahrene - kaum mit den Altersgrenzen vereinbar.

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