Johanna Wanka in der Bundespressekonferenz:Debüt der Sieben-Monats-Ministerin

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Erfrischender Einstand: Souverän reagiert Johanna Wanka in ihrer ersten Pressekonferenz auf die Frage, wie es sei, als Merkels "Resterampe" tituliert zu werden. Und auch vor einer Überprüfung ihrer Doktorarbeit zeigt die neue Bundesbildungsministerin keine Angst.

Von Robert Roßmann, Berlin

Johanna Wanka ist eine fröhliche Frau. Wie sie da vorne sitzt und lacht und scherzt - es ist im manchmal so tristen Berlin eine wahre Freude. Die neue Bildungsministerin ist in die Bundespressekonferenz gekommen, um ihr Programm vorzustellen. Derlei Veranstaltungen geraten gern zu drögen Exkursen. Doch diese Stunde verläuft ganz anders. Selten hat ein neues Kabinettsmitglied derart erfrischend debütiert. Dabei hatte doch mancher in seinem Hauptstadt-Dünkel das Gegenteil erwartet.

Das zeigt schon die erste Frage an Wanka: Als "Merkels Resterampe" habe sie ein Abteilungsleiter aus der SPD-Zentrale auf Twitter bezeichnet, was sie denn davon halte? "Sehr charmant", findet die 61-Jährige trocken. Aber die SPD sei halt "so". Dass derselbe Abteilungsleiter seine Follower indirekt zur Überprüfung von Wankas Doktorarbeit aufgerufen habe, lässt die Ministerin genauso kalt: Ihre Dissertation sei inzwischen sogar digitalisiert worden, sagt sie. Die könne sich "jeder anschauen". Das Thema der Arbeit war übrigens die "Lösung von Kontakt- und Steuerproblemen mit potentialtheoretischen Mitteln". Wanka ist Mathematikerin.

Die gebürtige Sächsin steht zwar schon lange auf der politischen Bühne. Von 2000 bis 2009 war sie in Brandenburg Wissenschaftsministerin. Im September 2009 führte sie die dortige CDU sogar als Spitzenkandidatin in die Landtagswahl. Seit 2010 leitete Wanka dann das niedersächsische Wissenschaftsministerium. Es gibt also kaum jemanden in der deutschen Bildungspolitik, der so erfahren ist wie sie. Weil Wanka ihre Karriere aber immer um Berlin herum geführt hat, kennen sie viele in der Hauptstadt trotzdem noch nicht richtig. Das will sie an diesem Donnerstag ändern.

Am Morgen legt Wanka ihren Eid im Bundestag ab. Vorgängerin Annette Schavan sitzt da schon weit hinten im Plenum - neben Franz Josef Jung. Der hatte sein Ressort gleich zu Beginn der Legislatur verloren. Der Bundestagspräsident dankt Schavan noch einmal für die "außergewöhnlich lange Zeit" als Ministerin in Land und Bund. Ihre Arbeit verdiene "Respekt und große Anerkennung". Es ist einer der seltenen Momente, in denen Abgeordnete aller Fraktionen klatschen.

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Schon drei Stunden später sitzt Wanka in der Bundespressekonferenz. Ob sie denn wirklich gern als "Restlegislatur-Angestellte" ins Kabinett gegangen sei, wird die neue Ministerin gefragt. Oder ob es am Ende doch nur "die mutterländische Pflicht" war? Wanka freut sich über die Formulierung. Aber so richtig verstehen kann sie die Frage nicht. Für jemanden, der bis 1989 in der DDR gelebt habe, sei es doch das Schönste, gestalten zu können, sagt Wanka. "Das konnte ich vorher nie." Deswegen habe sie sich nach der Wende erst im Kreistag, dann als Rektorin und schließlich als Landesministerin engagiert. "Ich bin gerne Ministerin gewesen", sagt sie - und lacht ausnahmsweise mal nicht.

In diesem Moment spürt man, wie weh es Wanka getan hätte, wenn sie nach ihrer Abwahl in Niedersachsen kein neues Amt bekommen hätte. Die Frau, die in Auftreten, Kleidung und Statur an Christine Lagarde erinnert, hätte das Nicht-Gestalten nicht lange ausgehalten.

Die Erlösung kam am 9. Februar. "Sonnabendfrüh" habe Angela Merkel angerufen und ihr das Ministerium angeboten, sagt Wanka. Womit auch dieses Geheimnis gelüftet wäre. Die Kanzlerin war erst am Abend zuvor vom EU-Gipfel zurückgekommen, Schavan von einer Dienstreise aus Südafrika. Noch in der Nacht trafen sich die Freundinnen. Wenige Stunden nach dem Anruf bei Wanka hatten Merkel und Schavan dann ihren berühmt gewordenen gemeinsamen Auftritt im Kanzleramt.

In der Bundespressekonferenz nutzt Wanka fast jede Gelegenheit, die Arbeit ihrer Vorgängerin zu loben. "Ich habe das große Glück, dass Annette Schavan ein gut bestelltes Haus hinterlassen hat", sagt die neue Ministerin. Am Ende fährt sie davon. In einem Dienstwagen mit dem Kennzeichen: B-AS . . .

© SZ vom 22.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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