Integrationsbericht der Bundesregierung:Erfolg in Trippelschritten

Licht und Schatten bei der Integration in Deutschland: Viele Menschen ausländischer Herkunft haben auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt häufig das Nachsehen - auch wenn die Situation entspannter ist als noch vor einigen Jahren. Noch immer brechen zu viele Migrantenkinder die Schule ab. Aber es gibt auch Gutes zu berichten.

Roland Preuß

Deutschlands Migranten sind deutlich seltener arbeitslos als noch vor ein paar Jahren, verlassen die Schule aber immer noch häufiger ohne Abschluss als die anderen Bürger. Dies sind Schlaglichter aus dem Regierungsbericht zum Fortschritt der Integration, den die zuständige Beauftragte Maria Böhmer (CDU) an diesem Donnerstag in Berlin vorstellen will.

Das 260-seitige Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, untersucht anhand von 64 Indikatoren, inwieweit sich die Lebensverhältnisse der Zuwanderer seit dem Jahr 2005 denen der übrigen Gesellschaft angeglichen haben. Es ist eine der bislang umfassendsten Untersuchungen zu dem Thema in Deutschland. Das Ergebnis: Die Migranten gliedern sich zwar immer besser ein in die Gesellschaft, doch es bleiben gravierende Unterschiede zu den einheimischen Deutschen.

Dies macht sich bereits bei der frühkindlichen Bildung in Kindertagesstätten bemerkbar, die als Grundlage für gutes Deutsch gilt. Dem Bericht zufolge lassen Zuwandererfamilien ihre Kinder unter drei Jahren zu 12,2 Prozent und damit viel seltener in einer Kita betreuen als andere (27,7 Prozent). Bei Kindergartenkindern ab drei Jahren schrumpft diese Lücke deutlich (rund 86 Prozent im Vergleich zu 95), der Zuwachs bei Migranten sei sogar deutlicher ausgefallen als bei den übrigen Bürgern, schreiben die Autoren vom Kölner Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik sowie vom Wissenschaftszentrum Berlin.

Auch beim Thema Schulbildung gibt es eine positive Entwicklung. Migranten bleiben seltener als bisher ohne Schulabschluss (4,4 Prozent, siehe Grafik). Doch das ist mehr als doppelt so häufig wie bei den übrigen jungen Erwachsenen. Die Bundesländer hatten im "Nationalen Integrationsplan" vor fünf Jahren versprochen, die Leistungen der ausländischen Schüler denen der deutschen bis 2012 anzugleichen und die Quote der Schulabbrecher zu halbieren. Dies scheint inzwischen unerreichbar zu sein, wie auch Böhmer einräumt. "Ich glaube, wir schaffen das nicht mehr", sagte sie der SZ. "Hier brauchen wir mehr Tempo."

Dass hier noch ein ganzes Stück Arbeit zu bewältigen ist, zeigen die Erwerbslosenzahlen. In den vergangenen sechs Jahren haben zwar viele arbeitslose Zuwanderer einen Job gefunden, doch das Muster, dass sie doppelt so häufig ohne Arbeitseinkommen bleiben wie einheimische Deutsche, hält sich hartnäckig. Dies lässt sich auch bei den sogenannten Langzeiterwerbslosen feststellen, also den Menschen, die seit mindestens einem Jahr ohne Arbeit sind und damit einen besonders steilen Weg zurück ins Berufsleben haben. Hier rangieren Migranten bei sechs Prozent, Einheimische bei 3,1.

Der Erfolg hängt von der Herkunft ab

Der Bericht greift vor allem auf Daten des Mikrozensus zurück, einer Art kleinen Volkszählung, die jährlich Stichproben bei einem Prozent der Bevölkerung erhebt. Seit 2005 umfasst diese Befragung eigens den "Migrationshintergrund" der Bürger. In diese Gruppe fallen alle Ausländer sowie alle, die zugewandert oder eingebürgert worden sind, und ihre Kinder. Zudem flossen Zahlen der Bundesarbeitsagentur, der Rentenversicherung und anderer Statistiken ein. Eine weitere Analyse der Zahlen im Bericht zeigt, dass die Erfolge und Misserfolge von Migranten häufig weniger von der Herkunft abhängen als von sozialen Fragen, also ob die Eltern eine Arbeit haben, einen Hochschulabschluss oder an der Armutsgrenze leben.

Die Zahlenreihen illustrieren auch weitere Defizite der Eingliederung, etwa bei der Anwerbung im öffentlichen Dienst. Hier hatten Bund und Länder vor Jahren vereinbart, sich mehr um Migranten zu bemühen, doch ihr Anteil hat seit 2005 sogar leicht abgenommen. Immerhin: Die Zahl der Pädagogen mit Migrationshintergrund in Kindergärten und Schulen ist gewachsen. An anderer Stelle offenbart der Bericht eine Ungleichbehandlung der Zuwanderer, etwa wenn es um eine Mietwohnung geht. In ähnlichen Wohnlagen müssen Migranten häufig mehr Miete zahlen.

Ein eigenes Kapitel geht auch auf das Reizthema "erhöhte Kriminalität unter Zuwanderern" ein. Demnach werden Ausländer doppelt so oft vor Gericht verurteilt wie der Durchschnitt. Die Kriminalstatistik erfasst dabei jedoch nur Bürger mit ausländischem Pass, Migranten mit deutscher Staatsbürgerschaft werden nicht eigens registriert. Auch bei Gewaltdelikten wie Raub oder Totschlag sind Ausländer häufiger vertreten. Hier verweisen die Autoren auf soziale Faktoren wie die Armut vieler Migrantenfamilien und das junge Alter. Denn Jugendliche werden generell häufiger straffällig.

Die Integrationsbeauftragte Böhmer sagte dazu: "Dieses Problem können wir nicht einfach wegdiskutieren, sondern wir müssen uns dieser Statistik stellen." Es müsse noch mehr für die Vorbeugung getan werden, um bei gefährdeten Jugendlichen "schnell einzugreifen", Polizei, Jugendämter und Gerichte müssten enger zusammenarbeiten. Der gesamte Bericht zeige jedoch, dass die Integration auf dem richtigen Weg sei. Allerdings müsse vor allem beim Thema Bildung und Arbeitslosigkeit noch mehr getan werden.

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