Hochschule:Hörsaal und Hilfsprojekt

Hochschule: Christoph Lüdemann studiert Medizin und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Witten-Herdecke und gründete 2013 einen Verein, der Hilfsprojekte in Afrika anschiebt.

Christoph Lüdemann studiert Medizin und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Witten-Herdecke und gründete 2013 einen Verein, der Hilfsprojekte in Afrika anschiebt.

(Foto: privat)

Christoph Lüdemann ist "Student des Jahres". Der 29-Jährige engagiert sich neben seinem Medizin- und BWL-Studium in Afrika.

Interview von Ulrike Nimz

Der Deutsche Hochschulverband und die Studentenwerke küren an diesem Montag erstmals den "Studenten des Jahres". Der 29-jährige Christoph Lüdemann setzte sich in dem Wettbewerb gegen 105 Mitbewerber durch. Ein Gespräch über Multitasking und schlechte Noten.

SZ: Herr Lüdemann, Sie sind der Student des Jahres. Ehre oder Strebertitel?

Christoph Lüdemann: Ich fühle mich schon geehrt. Noch weigere ich mich, den Preis als persönliche Auszeichnung zu sehen, sondern betrachte ihn als Würdigung der Arbeit, die mein Team und ich in den letzten Jahren geleistet haben.

Mit Ihrem Verein "L'Appel Deutschland" haben Sie eine Krankenstation in Ruanda errichtet. Parallel haben Sie Humanmedizin und Wirtschaftswissenschaften studiert. Für Ihre Dissertation forschen Sie an einem Speichelnachweis für Prostatakrebs. Das reicht ja für drei Leben.

Morgens Wirtschaftskurse, mittags an der Dissertation schreiben, abends Projekte vorantreiben - ist eine gute Mischung, finde ich. Ernsthaft: Es gab schon Tage, an denen ich mich gefragt habe, ob das zu viel wird. Aber an der Uni Witten schaffen sie ein gutes Umfeld, man kann sein Studium sehr frei gestalten. Und es hilft, Prioritäten zu setzen. Die meiste Zeit investiere ich in L'Appel. Die Klausuren mache ich nebenbei. Natürlich gibt es dann am Ende nicht immer die beste Note.

Wann haben Sie beschlossen, das Ruhrgebiet in Richtung Ruanda zu verlassen?

2009 habe ich mit einem Schulfreund zusammengesessen. Der Bürgerkrieg in Ruanda war gerade 15 Jahre her. Zeitungen, Fernsehen - alle haben berichtet, wie schlecht die Lage dort noch immer ist. Später haben wir einen jungen Theologiestudenten aus Ruanda kennengelernt und sind mit ihm in sein Dorf gereist. Wir wollten wissen: Was heißt Afrika? Was heißt es, dort zu leben? Was heißt es, arm zu sein?

Man sagt, Studenten von heute seien unpolitisch, vor allem nicht fürs Ehrenamt zu begeistern. Was sagen Sie Ihren deutschen Kommilitonen?

Ich will nicht den Zeigefinger heben. Ich kann gut verstehen, wenn Leute sagen, ich muss mich jetzt auf das Studium konzentrieren und ein möglichst gutes Zeugnis bekommen. Ich habe keine Zeit, ins Ausland zu gehen. Das ging mir zeitweise selbst so. Man muss ja auch Geld verdienen.

Sie kriegen das offenbar ganz gut hin. Ihre Organisation hat mittlerweile knapp 30 Mitarbeiter und treibt jedes Jahr Spenden in Höhe von etwa einer Viertelmillion Euro auf.

Die Gründung hat mir unglaublich viel an Erfahrung gebracht. Prozessmanagement, Teamführung, solche Sachen. Man macht ständig Dinge zum ersten Mal und dabei natürlich auch Fehler. Das schlägt jedes Praktikum. Mein Aufruf ist also: Machen - aber jeder so wie er kann.

Sie planen eine Ganztagsschule in Sierra Leone. Der Preis, den Sie bekommen, ist mit 5000 Euro dotiert. Geht das Geld nach Afrika?

Ich habe in den letzten Jahren viel Zeit dort verbracht und wünsche mir schon lange, auch mal einen anderen Teil der Welt zu sehen, Südamerika zum Beispiel. Das wird dann aber Urlaub.

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