Sie war eine der ungewöhnlichsten Abschlussreden, die je ein Absolvent der Eliteuniversität Harvard gehalten hatte. Pointiert, voller Emotionen - und dazu noch gereimt. So begeisterte Donovan Livingston vergangene Woche bei der Abschlussfeier der Fakultät für Erziehungswissenschaft nicht nur seine Zuhörer, sondern auch Millionen Menschen.
Zehn Millionen User haben den fünfminütigen Clip auf Facebook bereits gesehen. Sogar Justin Timberlake war begeistert und teilte das Video mit den Worten: "Du brauchst Inspiration? Bitte sehr." Auch die demokratische US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton lobte Livingstons Auftritt: "Wundervolle Rede, Donovan. Es sind junge Absolventen wie du, die zeigen, dass Amerikas beste Tage noch vor uns liegen."
"Erhebt eure Stimme gegen die Ungleichheit"
Was Livingstons Vortrag so besonders machte? Er war persönlich, ehrlich und authentisch. Der Elitestudent erzählte von seinen Träumen und Zielen. Er sprach über die Schwierigkeiten, die er als Afroamerikaner an der Uni wegen seiner Hautfarbe hatte, spannte dabei geschickt den Bogen zur Geschichte der Sklaverei. Und er appellierte an seine Mitstudenten: "Wacht auf - und erhebt eure Stimme gegen die Ungleichheit!"
Außerdem prangerte Livingston Missstände im Bildungssystem an und fordert seine Mitstudenten auf, sich nicht unterkriegen zu lassen: "Wir wurden nicht geboren, um gewöhnlich zu sein. Wir wurden geboren, Kometen zu sein", sagte er. "Der Himmel ist nicht das Limit, er ist nur der Anfang. Fliegt los."
Livingstons inspirierende Rede erinnert an die deutsche Poetry-Slammerin Julia Engelmann. 2014 erlangte sie mit ihrem Auftritt in einem Bielefelder Hörsaal nationale Berühmtheit. Darin rief Engelmann zu einem bewussten Nutzen der Zeit und mehr Mut auf - und traf damit einen gesellschaftlichen Nerv. Ähnliches ist jetzt Livingston gelungen, wobei er seinen Versen noch eine große Portion Sozialkritik beimischte.