Medizinstudium:Landarzt werden? Bitte nicht!

  • In ländlichen Regionen fehlen immer mehr Hausärzte - nur wenige Studenten wollen sich auf diese Fachrichtung spezialisieren.
  • Das Gesundheitsministerium plant eine Reform des Studiums, auch eine "Landarztquote" steht zur Debatte.
  • Die Studenten und Ärzteverbände halten nichts davon.

Von Kim Björn Becker

Medizinstudenten haben es gut, im Vergleich zu vielen Kommilitonen aus anderen Fächern: Wer die Prüfungen besteht und eine Zulassung als Arzt erhält, übt nicht nur einen der angesehensten Berufe des Landes aus, sondern wird dafür auch außerordentlich gut bezahlt. Und doch gingen gerade mehrere Hundert Nachwuchsmediziner auf die Straße. Sie wollen, dass das Studium ihnen auch weiterhin eine frühe fachliche Spezialisierung ermöglicht. Denn diese Freiheit steht gerade zur Diskussion.

Noch in diesem Jahr will Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) den "Masterplan Medizinstudium 2020" vorstellen. Dabei geht es um eine Reform des Studiums, mit der vor allem die Allgemeinmedizin gestärkt werden soll. Denn während Fächer wie die Chirurgie bei jungen Medizinern hoch im Kurs stehen, entscheiden sich nur wenige Absolventen für eine Tätigkeit als Hausarzt. Vor allem auf dem Land gibt es viel zu wenige davon.

Wenn sich Studenten also kaum freiwillig an die Allgemeinmedizin heranführen lassen, so lautet die Idee, dann muss man sie eben dazu zwingen. Eine Möglichkeit wäre, eine gewisse Anzahl von Studienplätzen an jene zu vergeben, die sich verpflichten, später als Hausarzt zu arbeiten. Doch eine sogenannte Landarztquote lehnen fast alle Verbände ab. Auch der Deutsche Ärztetag, der an diesem Freitag in Hamburg zu Ende geht, sprach sich dagegen aus. Die Quote stelle eine "ungerechte Begünstigung" dar, argumentierten die Delegierten. Man will schließlich die Besten rekrutieren, nicht die, die sich am ehesten auf Kompromisse einlassen.

Allgemeinmedizin als Pflichtfach in der Prüfung

Doch es gibt ja noch andere Reformvorschläge. Zum Beispiel den, die Allgemeinmedizin als Pflichtteil ins Praktische Jahr am Ende des Medizinstudiums einzubauen. Derzeit müssen Studenten verpflichtend in die Chirurgie und in die Innere Medizin, einen dritten Teil können sie frei wählen. In der Diskussion ist, diese Wahlstation zu streichen und durch die Allgemeinmedizin zu ersetzen. Oder man macht aus drei Teilen vier - und die Allgemeinmedizin zur zusätzlichen Pflichtstation. Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund läuft Sturm dagegen und spricht von einem "Zwangskorsett", das nicht dazu führen werde, dass sich mehr Absolventen als Landärzte niederlassen. Zudem führt die Gewerkschaft eine Umfrage an, der zufolge 86 Prozent der Studenten gegen einen weiteren Pflichtteil sind.

Einer Reform des Praktischen Jahrs erteilte der Ärztetag ebenso eine Absage. Stattdessen forderte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, an allen medizinischen Fakultäten Lehrstühle für Allgemeinmedizin einzurichten. Damit rennt er bei den Hausärzten offene Türen ein: Es sei "geradezu absurd", dass nicht jede Fakultät einen gut ausgestatteten Lehrstuhl für Allgemeinmedizin hat, sagt der Vorsitzende des Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt. Sein Vorschlag: Die Allgemeinmedizin soll zu einem verpflichtenden mündlichen Prüfungsfach im dritten Staatsexamen aufgewertet werden. Immerhin, diesen Vorschlag lehnen laut der jüngsten Umfrage nicht ganz so viele Studenten ab. Statt 86 Prozent, wie bei der Reform des Praktischen Jahrs, sind es hier "nur" 75 Prozent.

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