Geplante Schule in Potsdam:Gericht genehmigt Opus-Dei-nahes Gymnasium

Juan Luis Cipriani Thorne Opus-Dei

Auch in höchsten katholischen Kirchenämtern sind Opus-Dei-Mitglieder zu finden: So ist zum Beispiel Juan Luis Cipriani Thorne (im Bild), Erzbischof der peruanischen Hauptstadt Lima, Mitglied der erzkonservativen Vereinigung.

(Foto: AFP)

Die erzkonservative katholische Gruppierung selbst bezeichnet sich als "Seelsorgeeinrichtung". Kritiker werfen Opus Dei vor, sektenähnlich zu agieren. Nun hat ein Leipziger Gericht den Weg frei gemacht für ein Jungengymnasium, an dem Opus-Dei-Priester unterrichten sollen.

Von Johanna Bruckner

Ein okkulter Bund, der seinen Mitgliedern Selbstkasteiung abverlangt, höchste Kreise des Vatikan beeinflusst und auch vor Mord nicht zurückschreckt, um seine Macht zu mehren: So wird die katholische Gruppierung Opus Dei im Bestseller "Sakrileg" von Dan Brown dargestellt. Auch in der Realität ist die Organisation umstritten, Kritiker werfen ihr zumindest sektenähnliche Strukturen vor.

In Potsdam ist Opus Dei an Plänen für ein reines Jungengymnasium beteiligt. Seit Jahren tobt der juristische Kampf um das Vorhaben. Jetzt hat das Leipziger Bundesverwaltungsgericht, die dritte und letzte Instanz, entschieden: Das Schulprojekt ist zulässig. (Az.: BVerwG 6 C 6.12 - Urteil vom 30. Januar)

Solange sichergestellt sei, dass in solchen Schulen die Gleichberechtigung von Mann und Frau als Wert vermittelt wird, sei die Gründung durch die Privatschulfreiheit gedeckt, urteilten die Richter. Sie wiesen damit die Revision des Brandenburger Bildungsministeriums zurück. Auch in vorherigen gerichtlichen Auseinandersetzungen war das Land unterlegen. So hatten es bereits zwei Instanzen für zulässig gehalten, dass ein freier Schulträger nach Geschlechtern getrennte Schulen gründen darf. Das Land hatte argumentiert, das geltende Schulgesetz schreibe für öffentliche - und freie - Schulen eine Koedukation von Jungen und Mädchen vor.

Betreuung durch Opus-Dei-Priester

Offizieller Antragsteller des Gymnasiums ist die in Köln ansässige "Fördergemeinschaft für Schulen in freier Trägerschaft e.V.". Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Erziehung und Bildung nach dem christlich-katholischen Glauben zu fördern. Auf der Webseite heißt es: "Das christliche Menschenbild (...) und die katholische Glaubens- und Sittenlehre sind Grundlage aller Erziehungs- und Bildungsangebote." Besonderen Wert wird darüber hinaus auf eine "geschlechtsspezifische Erziehung" gelegt.

"Reine Jungen- und Mädchenschulen werden den Unterschiedlichkeiten der Geschlechter - bei gleicher Wertigkeit - besser gerecht", ist Horst Hennert überzeugt. Der Vorsitzende der Fördergemeinschaft und zugleich Chef von Opus Dei in Berlin zeigt sich im SZ.de-Gespräch "sehr erfreut" über den Beschluss des Leipziger Gerichts. "Man muss sich nur mal anschauen, wie viele Frauen in naturwissenschaftlichen Studiengängen von Mädchenschulen kommen."

Tatsächlich werfen Studien immer wieder die Frage nach den Grenzen des koedukativen Unterrichts auf. Am geplanten Gymnasium sollen, so Hennert, die Stärken von Jungen im naturwissenschaftlichen Bereich ausgebaut werden. Gleichzeitig sollen die Schüler in den Sprachen besonders gefördert werden. Auch dem stärkeren Bewegungsdrang von Jungen will man gerecht werden.

Die öffentlichen Vorbehalte gegen das Schulprojekt richten sich aber auch gar nicht so sehr gegen das geschlechterspezifische Konzept der Schule. Vielmehr steht die religiöse Ausrichtung in der Kritik. Die Fördergemeinschaft nimmt mutmaßlich innerhalb des Katholizismus eine erzkonservative Haltung ein. Dafür spricht zumindest die enge Verbindung zu Opus Dei, die auf der Webseite des Fördervereins dokumentiert ist. "Soweit möglich, möchte die Fördergemeinschaft ihre Bildungsangebote geistlich durch Priester des Opus Dei, (...) einer Personalprälatur der katholischen Kirche, betreuen lassen."

Opus Dei heißt übersetzt Werk Gottes. Die Organisation bezeichnet sich selbst als "internationale Seelsorgeeinrichtung der katholischen Kirche". Das klingt denkbar unverfänglich - und auch sonst versucht die Gruppierung das durch den Dan-Brown-Roman beförderte Image eines gefährlichen Geheimbundes loszuwerden. "Das einzige, was in dem Buch stimmt, sind die Adressen. Alles andere ist erfunden, es hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun", sagte ein Opus-Dei-Priester 2006 in einem Interview mit dem Stern.

Doch so harmlos, wie sich Opus Dei gerne geben möchte, ist die Gemeinschaft nicht, die nach eigenen Angaben weltweit etwa 87.000 und in Deutschland knapp 600 Mitglieder hat. Das wird auch in der Position des Landes Brandenburg und der Stadt Potsdam im Streit um das geplante Jungengymnasium deutlich. Die Bedenken gegen einen geschlechtergetrennten Unterricht sind nicht der einzige Grund, weshalb man sich dort gegen die Schule verwahrt. Thomas Jürgens, Anwalt des Landes Brandenburg, sagte in früheren Verfahren, eine konfessionelle Elite-Knabenschule mit dem Hintergrund von Opus Dei sei "hochgefährlich".

Und tatsächlich ist nicht alles in "Sakrileg" Fiktion. So berichtete ein ehemaliges Mitglied im Spiegel, dass Selbstgeißelung zumindest für Nicht-Laien zur Pflicht gehöre. Daneben wird der Gruppierung vorgeworfen, ihre Angehörigen einer Gehirnwäsche zu unterziehen und sozial zu isolieren - ähnlich einer Sekte. So berichtete die Mutter eines Opus-Dei-Mitglieds in einem Beitrag im Rahmen der ZDF-Sendung Frontal 21: "Die gehen ihren strikten Weg und vereinnahmen die Jugendlichen so in ihrem Denken und Handeln, dass man die einfach nicht mehr erreichen kann."

Solche Aussagen sind sicher nicht geeignet, die Bedenken gegen die neue Potsdamer Privatschule zu mindern. Doch das geplante Jungengymnasium ist nicht die erste Opus-Dei-nahe Schule hierzulande: Im nordrhein-westfälischen Jülich betreibt die Fördergemeinschaft bereits seit mehr als 40 Jahren eine Mädchenschule. Dort gebe es auch nicht-katholische Schülerinnen, betont Hennert. "Wir hatten sogar mal eine Muslimin als Schulsprecherin."

Er rechnet frühestens zum Schuljahr 2014/2015 mit der Eröffnung des Jungengymnasiums in Potsdam.

In einer früheren Version dieses Artikel war die Anzahl der Opus-Dei-Mitglieder weltweit mit einer falschen Zahl angegeben - wir bitten dies zu entschuldigen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: