Fachhochschulen:"Ein Karriereplan muss her"

Fachhochschulen: Hans-Hennig von Grünberg, 51, ist Präsident der Hochschule Niederrhein, die in zehn Fachbereichen 260 Professoren beschäftigt. Der Physiker ist außerdem Vorsitzender des Verbands Hochschulallianz für den Mittelstand.

Hans-Hennig von Grünberg, 51, ist Präsident der Hochschule Niederrhein, die in zehn Fachbereichen 260 Professoren beschäftigt. Der Physiker ist außerdem Vorsitzender des Verbands Hochschulallianz für den Mittelstand.

(Foto: privat)

Hans-Hennig von Grünberg, Präsident der Hochschule Niederrhein, fordert mehr qualifizierte Professoren.

Interview von Susanne Klein

Kleine Gruppen, hochqualifizierte Lehre - so sollten die mehr als 717 000 deutschen Fachhochschüler studieren. Doch die Realität hinkt dem Ideal hinterher: Betreute ein Professor vor zehn Jahren im Schnitt 36,5 Studenten, sind es heute 45, wie der Wissenschaftsrat vergangene Woche mitteilte. Es herrscht Professorenmangel. Hans-Hennig von Grünberg, Präsident der Hochschule Niederrhein, sucht nach Lösungen.

SZ: Für welche Fachbereiche sind Professoren am schwersten zu finden?

Hans-Hennig von Grünberg: Für die, die es nur an Fachhochschulen gibt. In der Chemie profitieren wir von dem wissenschaftlichen Nachwuchs, den die Universitäten im Überfluss ausbilden. Doch die Textil- und Bekleidungstechnik oder die Lebensmittelwissenschaften gibt es dort nicht. Also promoviert darin auch niemand.

Der Wissenschaftsrat rät zu Tandem-Professuren. Sie wollen das umsetzen. Wie?

Indem wir promovierte Kandidaten an uns binden und zugleich ein Unternehmen für sie finden. Bei uns steigen sie in die Lehre ein, in der Firma lernen sie drei bis fünf Jahre lang die Praxis kennen, auf einer halben Stelle, die wir zur Hälfte mitfinanzieren. Danach können sie sich bei uns auf langfristig eingeplante Professuren bewerben. Ein verlässlich gestalteter Karriereplan muss her. Die Wissenschaftsministerin Svenja Schulze hat NRW 80 Stellen dafür zugesagt.

Was kann man außerdem tun, um Professoren an Fachhochschulen zu locken?

Schwerpunktprofessuren einrichten, wie vom Wissenschaftsrat empfohlen. Damit unsere Professoren verstärkt forschen können. Das macht die Aufgabe attraktiver. Hochschullehre lebt davon, dass sie von Forschung angereichert wird.

Der Wissenschaftsrat erwähnte auch, die FH-Professur sei zu unbekannt. Zu Recht.

Die 105 Professoren, die ich in sechs Jahren Amtszeit berufen habe, waren alle auf Unis gewesen, kaum einer kannte die Philosophie der Fachhochschulen oder hatte wenigstens mal mit einer kooperiert. Und das, obwohl 38 Prozent aller Studenten an diesem Hochschultyp studieren! Wir müssen unseren volkswirtschaftlich wichtigen Auftrag, Menschen mit akademischen Tugenden für den Arbeitsmarkt auszubilden, bekannter machen.

Brauchen Fachhochschulen nicht auch das Promotionsrecht, um aus den vielen Studenten ihren eigenen wissenschaftlichen Nachwuchs herauszubilden?

Die Frage rührt ans Allerheiligste der Universitäten. Selbst die Technischen Universitäten mussten einmal 50 Jahre um dieses Recht kämpfen. Bei den Fachhochschulen ist heute Hessen Vorreiter: Im Fachbereich Sozialwissenschaften an der Hochschule Fulda darf jetzt promoviert werden. Ich bin überzeugt, das hat Modellcharakter.

Aber Johanna Wanka ist dagegen.

Ja, die Bundesbildungsministerin favorisiert die kooperative Promotion: Man promoviert an der Fachhochschule, Zweitgutachter und Urkunde kommen von einer Universität. Die ganze Idee hängt leider immer vom Goodwill der handelnden Personen ab und eignet sich daher weniger für eine systematische Verbesserung des Zustandes.

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