Expertentipps zur Erziehung:So finden Sie eine gute Schule

Weiterführende Schule Übertritt Experte Tipp

An einer guten Schule mit engagierten Lehrern können selbst solche Aufgaben Spaß machen. Nur muss man diese gute Schule erst einmal finden.

(Foto: BeTa-Artworks - Fotolia)

Falsche Elite-Gedanken, Drogen-Probleme, zu alte Schülerbilder an den Wänden: Jede Schule hat unterschiedliche Stärken und Probleme. Nicht jede Bildungseinrichtung passt gleich gut zu jedem Kind. Schulpädagogin Katrin Höhmann erklärt im Interview, worauf Eltern bei der Auswahl der weiterführenden Schule achten müssen.

Von Katja Schnitzler

Geht man nach der Selbstdarstellung der Schulen am Informationsabend, wartet auf die Kinder überall das Paradies. Katrin Höhmann, Professorin an der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg, gibt Tipps, wie Eltern hinter diese Fassade blicken können.

SZ.de: Was muss eine gute Schule leisten?

Katrin Höhmann: Sie muss ein Kind möglichst umfassend fördern. Das heißt fachlich, aber auch seine Persönlichkeit. Daher sollten Lehrer nicht nur in ihrem Schulfach gut sein, sondern auch pädagogische und diagnostische Kompetenz besitzen.

Aus der eigenen Schulzeit weiß man: Diesen Anspruch erfüllen nicht alle Lehrer, manche sind sozial eher inkompetent. Und das Kollegium ist eine wilde Mischung aus mehr oder weniger sympathischen Charakteren.

Diese Mischung muss nicht falsch sein, schließlich lernen Kinder in der Schule auch, mit Menschen und ihren Eigenheiten zurechtzukommen. Außerdem springen Kinder unterschiedlich auf die jeweiligen Lehrertypen an. Nur dürfen sich Kind-Lehrer-Konstellationen nie so zum Nachteil eines Schülers entwickeln, dass er deswegen scheitert oder sitzenbleibt. Einen ersten Eindruck vom Kollegium bekommen Mütter und Väter, wenn sie die Meinung anderer Eltern anhören. Diese sollte aber nur ein Aspekt sein und mit ein wenig Gelassenheit betrachtet werden.

Wie können Eltern noch mehr über die Schule erfahren, die sich ja an den offiziellen Informationsabenden im besten Licht darstellt?

Diese sind dennoch eine gute Gelegenheit, um die richtigen Fragen zu stellen. Zum Beispiel, wie viel Prozent der Fünftklässler noch in der zehnten Klasse ankommen. Wenn an der Schule in diesem Zeitraum die Hälfte der Schüler abgegangen ist, leistungsschwächere Kinder also nicht mitgenommen und eingebunden wurden, zeigt dies die Haltung der Schule: Bei einem falschen Elite-Gedanke siebt sie lieber aus, statt zu fördern.

Das heißt, Eltern sollten sich nicht vom guten Notenschnitt an einer Schule blenden lassen?

Die absolute Zahl sagt nichts darüber aus, ob auch schwächere Mädchen und Jungen unterstützt wurden. Gehen Eltern nur danach, könnten Kinder an einer Schule landen, an der sie unter starkem Druck stehen - und das ständige Aussieben ist für das Selbstwertgefühl vieler Kinder und Jugendlichen verheerend. Oder die Kinder sind an einer Schule nur deswegen so gut, weil die Eltern sie zuhause stark fördern. Doch Mütter und Väter sind keine Nachhilfestation oder ein Hausaufgabeninstitut. Viele können das gar nicht leisten.

Doch an manchen Schulen bekommen Eltern durchaus den Eindruck, dass sie von den Lehrern für die Hausaufgabenbetreuung fest eingeplant sind.

Sie sollten vorher bei der Schulleitung erfragen, was diese vom Elternhaus erwartet: eine allgemeine Unterstützung oder konkrete Hilfe jeden Nachmittag? Andere Eltern mit Kindern an dieser Schule geben da wertvolle Einblicke in die Realität. Auch darüber, ob Pädagogen rechtzeitig den Kontakt zum Elternhaus suchen, wenn die Leistungen eines Kindes nachlassen. Und nicht erst, wenn zwei Fünfer im Zeugnis quasi feststehen.

Was für Fragen können Eltern noch stellen, um hinter die Fassade zu blicken?

Lassen Sie sich schildern, was für konkrete Förderangebote es für schwächere Schüler gibt. Ob sich Lehrer über einzelne Kinder austauschen, vielleicht sogar Teams eine Klasse betreuen. Eine interessante Frage ist immer die nach dem Umgang mit Drogenproblemen: Kommt da keine differenzierte Antwort oder wird die Problemlage von der Schulleitung gar negiert, wäre ich sehr vorsichtig. Denn die Jugendkultur macht vor keiner Schultür halt, und es geht ja auch um Probleme mit legalen Rauschmitteln wie Alkohol.

Kriterien für eine gute Schule

Wie kann man abseits der Infoveranstaltungen einen Eindruck von der weiterführenden Schule bekommen?

Sehen Sie sich genau um. Wie sind die Klassenzimmer gestaltet? Sind zwar Poster aufgehängt - aber alle eingerissen? Und sind in den Gängen beeindruckende Malereien ausgestellt, doch die sind vom besonders begabten Kunstkurs aus dem Jahrgang 2005? Das wäre ein Zeichen, dass die Schule nur auf herausragende Leistungen stolz ist und nicht auf die der aktuellen Schülerschaft. Anhand solcher Indizien bekommen Eltern ein Gespür dafür, ob an der Schule eher eine Kultur des Wegschauens und der Gleichgültigkeit herrscht - oder aber eine Atmosphäre der Aufmerksamkeit, von der die Kinder profitieren.

Können Eltern die neue Schule auch im Alltag erleben?

Außenstehende sollten nicht einfach während des laufenden Betriebs durchs Haus spazieren. Es spricht aber nichts dagegen, sich beim Sekretariat anzumelden und ganz offiziell umzusehen. Die Pause ist da die spannendste Zeit: Wie nutzen die Schüler den Hof? Sind außer den Aufsicht führenden Lehrkräften überhaupt Pädagogen zu sehen oder verschwinden alle im Lehrerzimmer? Wie gehen sie mit Konflikten um?

Gibt es weitere Qualitätsmerkmale, nach denen sich Eltern richten können?

Sie könnten die neue Schule nach den Kriterien des Deutschen Schulpreises einschätzen. (Mehr zum deutschen Schulpreis und wie Eltern mit seiner Hilfe eine gute Schule erkennen können, lesen Sie hier.) Dazu gehören nicht nur Leistung, sondern auch die Qualität des Unterrichts, ob die Schüler Verantwortung übernehmen dürfen, wie die Schule den unterschiedlichen Begabungen der Kinder gerecht wird. Daneben ist die Frage relevant, wie Schulklima und -leben gestaltet werden: Öffnet sich die Schule mit Projekten auch der Gemeinde? Welche außerschulischen Angebote gibt es? Und ist es eine lernende Institution? Da könnten die Eltern zum Beispiel nach dem Fortbildungskonzept für Lehrer fragen, und ob diese ihr neues Wissen dann ans Kollegium weitergeben.

Nun sind ja nicht nur Schulen unterschiedlich, sondern auch die Kinder.

Deshalb sollten Eltern immer beachten, dass eine Schule, die für ein Kind passt, für das Geschwisterkind vielleicht gar nicht geeignet ist. Wenn ein Kind länger braucht, um sich zu entwickeln, hält man ihm die Bildungswege möglichst lange offen, etwa auf einer Gemeinschaftsschule. Und muss man es durch das G8 schleusen oder wäre eine Realschule und der anschließende Besuch der beruflichen Schulen besser geeignet? Wie soll sich das Freizeit- und Familienleben künftig gestalten: Kommt dem Kind eine Ganztagsschule entgegen und bietet diese nur Betreuung oder auch ein Bildungsprogramm?

Manche Schüler sind zum Beispiel ein Genie in Mathematik, kämpfen aber mit jeder Fremdsprache. Wie findet man für einseitig begabte Kinder eine passende Schule?

Ob Realschule oder Gymnasium, Eltern müssen aktiv mit der Schulleitung besprechen, wie Schwächen ihres Kindes aufgefangen werden können - und ob die Schule überhaupt bereit ist, sich darauf einzulassen. Das müssen die Eltern unbedingt vorher klären und nicht später von Jahr zu Jahr hoffen, dass die Fünfer in den schwachen Fächern ausbleiben.

Katrin Höhmann ist Professorin für Schulpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und unterstützt das Fachkräfte-Team des Deutschen Schulpreises der Bosch-Stiftung. Zudem war sie Organisationsleiterin an der Laborschule Bielefeld, an der neue Schulkonzepte erprobt werden. Im Jahr 2011 hat sie für zwei Jahre die kommissarische Leitung der Odenwaldschule übernommen und ist heute Teil eines Führungsteams, das die Schule neu ausrichtet. Dieses überarbeitet unter anderem das Konzept für Schule und Internat, nachdem im Jahr 2010 das Ausmaß von Missbrauchsfällen in den 1970er- und 80er-Jahren bekannt geworden war.

Um die beste Schule für ihr Kind zu finden, vergleichen Eltern pädagogische Konzepte, Fremdsprachen-Angebote und das Mittagsmenü der weiterführenden Schulen. Ihr Kind hat bei der Auswahl allerdings ganz andere Prioritäten. Die Erziehungs-Kolumne

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