Deutschland-Stipendium:Warum das Geld langsam fließt

Das Deutschland-Stipendium soll besonders engagierte und gute Studenten fördern: 300 Euro pro Monat, gezahlt von einem Sponsor und der Bundesregierung. Das Problem: Die Hochschulen müssen ihre Unterstützer selbst finden - das ist nicht so einfach. Und lässt das Elite-Stipendium schleppend anlaufen.

Johann Osel

Erfolg und Enttäuschung liegen oft sehr nah beieinander. Insgesamt 45 Deutschland-Stipendien hätte die Uni Osnabrück im vergangenen Jahr vergeben können, nur für 25 fand man Sponsoren aus der Wirtschaft. Die 300-Euro-Förderung wird (anders als Bafög) unabhängig vom Einkommen der Eltern gewährt, die Hochschulen wählen Teilnehmer nach Leistung oder Engagement aus.

Die eine Hälfte der Summe zahlt der Bund, die andere sollen private Sponsoren übernehmen. Die Hochschulen müssen den externen Anteil für jedes Stipendium einwerben, sonst fließt kein Geld aus Berlin. Doch während man in den Osnabrücker Uni-Büros lamentiert, herrscht an der Fachhochschule in der Stadt pure Freude. Mit 39 Stipendien hat man dort die Höchstquote erreicht.

Laut schwarz-gelbem Koalitionsvertrag soll bundesweit zusätzlich zum Bafög eine "Stipendienkultur" wachsen - für die klügsten Köpfe. Vorangetrieben hatte das Projekt bei der Regierungsbildung im Jahr 2009 Nordrhein-Westfalens damaliger Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP), der in seinem Land eine regionale Variante initiiert hatte. Für maximal 0,45 Prozent ihrer Studenten konnte jede Hochschule 2011 Staatsgeld abrufen. Von den für das Start-Jahr des Projekts anvisierten 9500 Stipendien bundesweit (was dieser Quote entspricht) wurden aber nur für 5300 Spender angeworben. Manche Unis hatten das Projekt anfangs verschlafen, andernorts verfehlte man schlichtweg die Co-Finanzierung aus der Wirtschaft.

Kaum verwundert ist der Osnabrücker Uni-Präsident Claus Rainer Rollinger über die Bilanz. Mit der Stipendienzahl von knapp über der Hälfte der Quote liege man im Bundesschnitt. Und starke Fachhochschulen mit Technik-Ausrichtung hätten es bei Geldgebern in der Wirtschaft eben leichter als eine Universität, die einen Schwerpunkt auf Geisteswissenschaften setze und ein Viertel aller Studenten im Lehramt ausbilde. "Es fehlt bei den Unternehmen oft die Weitsicht, dass auch gut ausgebildete Lehrer zukunftweisend für Deutschland sind." Und generell sei die Botschaft von der Stipendienkultur noch längst nicht in der Breite der Wirtschaft angekommen.

Zwar spaltet sich die Hochschullandschaft in dieser Frage auf: In wirtschaftsstarken Ländern wie Bayern gelingt das Anwerben deutlich besser. Letztlich liegt es aber wohl am Engagement. So finden sich beim Blick auf die Liste derjenigen Einrichtungen, die 2011 ihr Kontingent voll ausschöpften, kleine Provinz-Hochschulen, die man hier nicht erwartet hätte; im Gegenzug gibt es immense Lücken im Feld der bekannten Standorte: es fehlen etwa die Unis Mainz, Konstanz, Jena, Würzburg, Potsdam, Gießen sowie alle drei großen Berliner Hochschulen.

Dennoch hat Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) im Etat 2012 eine Aufstockung der Mittel veranlasst. Aktuell dürfen Hochschulen eine Maximalquote von einem Prozent ihrer Studenten statt einem halben mit Stipendien versorgen. "Die Zahlen, die wir jetzt schon erreicht haben, bedeuten eine Revolution im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten", sagt die Ministerin - und hofft darauf, dass sich das Programm sukzessive etabliert. Vielerorts werden neue Stipendien in diesen Wochen vergeben.

Dass nach dem Verfehlen der Quote 2011 jetzt ausgerechnet die doppelte Zahl erreicht wird, halten Beobachter für utopisch. Osnabrücks Uni-Chef Rollinger sagt: "Wir wollen die Stipendiengeber dauerhaft haben. Das geht nicht so schnell, wie sich die Politik das vielleicht wünscht." Man müsse den Hochschulen schon "Zeit und langen Atem zugestehen".

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