Bologna-Prozess:Hochschulrektoren räumen Defizite bei Bachelor und Master ein

Die Studierenden üben schon lange Kritik am Bachelor-Master-System. Jetzt gestehen auch die Hochschulrektoren ein, dass es Versäumnisse bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses gibt. Vor allem in einem Bereich sehen sie Nachbesserungsbedarf.

Von Johann Osel

Die Hochschulen gestehen offiziell Versäumnisse bei der Umsetzung der europäischen Studienreform ein. In ihrer Sitzung, deren Ergebnisse am Mittwoch öffentlich wurden, erließ die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) Empfehlungen für die Mitglieder, wie Bachelor und Master verbessert werden können. "Es ist die gewaltigste Reform in der Universitätsgeschichte, hier muss man auch sehen, was wir als Hochschulen schon alles gemacht haben. Aber die Studenten haben nicht zu Unrecht immer wieder ihre Stimme erhoben", sagte der Siegener Uni-Chef und HRK-Vize-Präsident Holger Burckhart der Süddeutschen Zeitung. Eine Arbeitsgruppe unter seiner Leitung hat das Papier vorbereitet. Bislang war in Bologna-Beschlüssen der HRK Selbstkritik kaum zu finden.

Vor allem bei der Mobilität der Studenten bestehe "kein Anlass zur Zufriedenheit": In keinem anderen Bereich bleibe "die Realität weiter hinter den mit der Bologna-Reform verknüpften Erwartungen zurück", heißt es im Beschluss. So zeigten Studien, dass nur jeder dritte Absolvent für ein Semester oder ein Praktikum ins Ausland gehe. Das Ziel der Bundesregierung, wonach die Hälfte der Studenten Auslandserfahrung sammeln solle, werde verfehlt. Neben finanziellen Gründen nennt die HRK den "Druck", schnell das Studium zu beenden.

Kritiker fordern die Hochschulen regelmäßig auf, in ihre Studiengänge feste Zeitfenster für Auslandssemester einzuplanen. Burckhart verweist jedoch darauf, dass dies wegen starrer Vorgaben der Politik gar nicht immer möglich sei.

"Die Anerkennung muss Prinzip werden"

Eigene Fehler sehen die Rektoren darin, dass Leistungen aus dem Ausland an der Heimathochschule zu oft nicht anerkannt werden. "Die Anerkennung muss Prinzip werden; die Nicht-Anerkennung im Einzelfall ist hinreichend zu begründen", so Burckhart. Der internationale Gedanke müsse auf die gesamte Administration heruntergebrochen werden - also nicht nur in der Chef-Etage, sondern von Professoren und Verwaltungsmitarbeitern gelebt werden.

Zudem wollen sich die Rektoren künftig besser über das Angebot an Masterplätzen abstimmen - vor allem in Fächern wie Lehramt oder Psychologie, in denen der Sechs-Semester-Abschluss Bachelor nicht für den Beruf reicht. Jüngst hatten Psychologiestudenten vielerorts gegen die Knappheit an Masterplätzen demonstriert. In ihrem Fach sei ein Bachelor wertlos, nur der Master berechtige etwa zur Psychotherapie-Ausbildung.

In solchen Fächern, sagt Burckhart, benötige man bundesweit betrachtet eine "nahezu hundertprozentige Ausstattung". Im Gegenzug sei von Studenten zu erwarten, nach dem Bachelor innerhalb Deutschlands die Uni zu wechseln. Das Master-Angebot hänge zudem an der Finanzlage der Hochschulen: "Derzeit ist die Bologna-Reform nur für den Bachelor finanziert." Höhere Mittel forderte am Mittwoch auch HRK-Chef Horst Hippler.

Burckharts Arbeitsgruppe zu Bologna war 2012 eingesetzt worden, nachdem Hippler im SZ-Interview eine Grundsatzdebatte über die Reform entfacht hatte. Die Wirtschaft brauche "Persönlichkeiten, nicht nur Absolventen", sagte er damals mit Blick auf den Bachelor.

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