Bildungspolitik:Schüler müssen lernen, wie sie ein Start-up gründen

Schüler meldet sich

Gründerkultur lernen Schüler bislang nicht.

(Foto: dpa)

Jugendliche brauchen ein neues Unterrichtsfach, das sie auf das Arbeiten im digitalen Zeitalter vorbereitet.

Kommentar von Sophie Burfeind

Die Schule ist der Ort, an dem junge Menschen auf das Leben vorbereitet werden sollen. Sie lernen, wie wir uns seit der Steinzeit weiterentwickelt haben und was es mit der Demokratie auf sich hat. Sie denken darüber nach, was zwischen den Zeilen eines Gedichts steht und erfahren, dass Sinus und Cosinus keine biblischen Figuren sind. Diese breite Bildung ist gut und wichtig. Aber Schüler müssen noch heute auch noch etwas anderes lernen: Gründergeist.

Es gibt viele Gründe, weshalb ein Fach, in dem Eigeninitiative vermittelt wird, in die Lehrpläne aufgenommen werden sollte. Der wichtigste ist: Gründer gestalten die Zukunft. Sie gehören zu denjenigen, die mit neuen Technologien und innovativen Geschäftsideen mitbestimmen, wie sich die Wirtschaft und Gesellschaft entwickeln. Leider ist Gründersein, auch wenn die vielen Start-ups einen gegenteiligen Eindruck erwecken, nicht sehr beliebt. Die Zahl der Unternehmensgründungen sinkt seit Jahren. 2016 hat die Unternehmensberatung EY in einer Studie ermittelt, dass 63 Prozent der Studenten ein Angestelltenverhältnis bevorzugen, für 32 Prozent von ihnen ist der öffentliche Dienst am attraktivsten. Ist ja auch logisch: Die Welt ist so unübersichtlich geworden, dass eine Verbeamtung ein wenig Übersichtlichkeit verspricht.

Das ist nicht nur langweilig, diese Einstellung schadet dem ganzen Land. Die Digitalisierung vernichtet, worüber schon viel diskutiert wird, traditionelle Arbeitsplätze, gerade deswegen muss es künftig mehr Menschen geben, die kreative Ideen haben, wie sie Geld verdienen und ihre Visionen verwirklichen können. Menschen, die sich selbständig machen - und wie das geht, sollten sie in der Schule lernen.

Man mag sich fragen, ob andere Veränderungen in der Schule nicht wichtiger wären. Mehr Informatik und Medienkompetenz zum Beispiel. Und sollten Schüler angesichts von wachsendem Populismus und Rechtsradikalismus nicht eher die Vorteile der Demokratie kennen als Wege in die Selbständigkeit? Würden Unternehmen ihren ohnehin schon wachsenden Einfluss auf Schulen auf diese Weise nicht noch weiter ausbauen? Aber darum geht es nicht. Sondern um neue Strukturen in der Schule.

Eine gescheiterte Idee ist kein Versagen

Statt das Lernen zu lernen, sollten Kinder angeleitet werden, kritisch zu denken, Verantwortung zu übernehmen, kreativ zu sein und ihre Stärken zu entdecken. Ein neues Schulfach, das "Selbständigkeit" heißen könnte, wäre ein erster Schritt dazu - und ein wichtiges Signal gerade in unruhigen Zeiten. Ein solches Fach würde Wirtschaftskompetenz vermitteln und gesellschaftliche Verantwortung lehren.

Damit das funktioniert, darf es sich nicht um ein rein ökonomisches Fach handeln. Wirtschaft sollte nicht losgelöst, sondern im Kontext von Politik und Gesellschaft erklärt und verstanden werden. Gefragt ist ein interdisziplinäres Fach, in dem Lehrer diese Zusammenhänge erklären, Schüler die Geschäftsmodelle von Unternehmen hinterfragen, aber auch lernen, welche Unternehmensformen es gibt und wie es funktioniert, eines zu gründen. In diesem Fach sollten Schüler lernen, dass sie nicht versagen, wenn sie mit einer Idee scheitern - und dass sie gewinnen, wenn sie versuchen, ihre Visionen umzusetzen, statt nur nach größtmöglicher Sicherheit zu suchen.

Niemand will Kinder zu schultütentragenden Ich-lingen erziehen, die nur noch davon träumen, möglichst schnell möglichst viel Geld zu verdienen. Es geht darum, junge Menschen zu eigenen Ideen anzustiften, um die Wirtschaft und Gesellschaft von Morgen zu gestalten.

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