Begabtenförderung in Bayern:Aus schlauen Schülern mach' gute Schüler

Hochbegabtenförderung

Wenn Hochbegabte in der Schule unter sich sind, lernen sie besser. Das ist das Ergebnis einer Studie aus Bayern.

(Foto: dpa/dpaweb)

Aufgenommen wird nur, wer mindestens einen IQ von 120 hat: An acht bayerischen Gymnasien gibt es Klassen für Hochbegabte. Einer Studie zufolge zahlt sich die spezielle Förderung aus - in einem sind die sehr Schlauen den normal Schlauen aber noch unterlegen.

Von Viktoria Großmann

Bayern hat offenbar das richtige Konzept gefunden, um aus schlauen Schülern auch gute Schüler zu machen. Das legen zwei Studien nahe, die das Kultusministerium in Auftrag gegeben hat. Bereits seit dem Schuljahr 2000/2001 gibt es Hochbegabten-Klassen an acht bayerischen Gymnasien, seit fünf Jahren können Realschüler in Talentklassen gehen. Da es immer weniger Schüler gebe, werde die Förderung des Einzelnen wichtiger, sagte Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU).

Für die Auswertung der Erfolge in den Hochbegabten-Klassen haben Psychologen die Entwicklung von 1069 Schülern verfolgt. Nicht nur haben sich in Fächern wie Mathematik und Englisch ihre Leistungen im Vergleich zu den Regelklassen verbessert. Die Schüler fühlten sich offenbar eher angenommen. Emotional entwickelten sich die Schüler in den Begabtenklassen besser. Wie der Psychologe Wolfgang Schneider, ein Autor der Studie erklärt, entwickelt sich der Gefühlshaushalt hochbegabter Kinder, wenn sie nicht gefördert werden, häufig nicht ihrem Alter entsprechend.

Die Eltern der Schüler wurden ebenfalls befragt und gaben an, dass sie ihre Kinder in den Spezialklassen gut aufgehoben sehen. Die Lehrer beobachteten, dass die begabten Siebtklässler selbstbestimmter lernen und arbeiten als die Mitschüler in den Regelklassen.

Bei der Frage, wer in eine Begabtenklasse kommt und wer nicht, scheint es gerecht zuzugehen. "Die machen wenige Fehler", sagte Schneider. Entscheidend ist bei den begabten Gymnasiasten ein Intelligenzquotient von mindestens 120. In einem sieht Schneider allerdings die sehr Schlauen den normal Schlauen noch unterlegen. Sie würden häufig strenger benotet. "Das bringt den Kindern aber nichts. Eine Universität wird kaum anerkennen, dass eine Drei in einer Begabtenklasse vielleicht mehr wert ist als eine Zwei in der Regelklasse."

Es geht um den Willen, mehr zu leisten

Andere Maßstäbe gelten für begabte Realschüler, die - von der 7. Klasse an - in Talentklassen aufgenommen werden möchten. Hier geht es weniger um messbare Intelligenz, sondern um spezielle Begabungen sowie den sichtbaren Willen, mehr zu leisten.

"In die Talentklasse zu gehen bringt den Schülern zunächst keinen greifbaren Vorteil", erklärt Pädagogik-Professor Werner Wiater, der die Lernerfolge der Realschüler ausgewertet hat. Es bedeutet für die Schüler vier Stunden mehr Unterricht in zusätzlichen Fächern wie Fremdsprachen oder Betriebswirtschaft. Sie erhöhen damit jedoch ihre Chancen, am Gymnasium oder einer Fachoberschule das Abitur zu machen oder eine Lehrstelle in bestimmten Betrieben zu bekommen. Das Fächerangebot ist praktisch ausgerichtet und orientiert sich am Bedarf nahegelegener Unternehmen oder der Sprache des Nachbarlandes. Tschechisch wird im Bayerischen Wald als Zusatzfach angeboten.

Erwartet wird ein Notendurchschnitt von 2,5

Die Schwelle für eine Empfehlung in die Talentklasse, die an 16 Schulen in Bayern angeboten wird, ist niedrig: erwartet wird ein Notendurchschnitt von 2,5. Dazu kommen Empfehlungen der Lehrer. Entscheidend sei, was die Kinder zu leisten bereit seien, erklärt Wiater. Wichtig sei dabei auch die Unterstützung der Eltern. Der Erfolg des in Deutschland bislang einzigartigen Systems der Talentklassen spreche für sich: Die Schüler kamen nicht nur in den Zusatzfächern gut voran, sondern verbesserten ihre Noten in allen Fächern.

Lässt sich nun der Erfolg der einheitlichen Lerngruppen von Begabten und Leistungsstarken umkehren auf Kinder mit Lernschwierigkeiten? Nicht nur in Bayern setzt man dabei seit einiger Zeit auf Inklusion und Miteinander. Psychologe Schneider antwortet vorsichtig: Diese Kinder machten in gemischten Klassen eher Fortschritte.

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