Baden-Württemberg:In letzter Sekunde

In der nächsten Regierung ist Kultusminister Andreas Stoch (SPD) nicht mehr dabei, den umstrittenen Bildungsplan brachte er nun aber noch auf den Weg. Zum Ärger der CDU.

Von Johann Osel

Zu turbulent war das Projekt, da wollte der Minister wohl auf Nummer sicher gehen. Die bald abtretende grün-rote Regierung in Baden-Württemberg hat im Bildungsplan für Schulen die Akzeptanz sexueller Vielfalt vorgegeben. Lehrer sollen nicht verdruckst ausklammern, dass es Homosexuelle und Regenbogenfamilien gibt, und klarstellen, dass niemand diskriminiert werden darf. Was andernorts schon umgesetzt wird, empört im Ländle Konservative, Pietisten und Rechtspopulisten. Sexualisierung, lautete der Vorwurf, im Netz kursieren Gerüchte, dass in Mathe künftig Dildo-Käufe in Sexshops zu berechnen seien. Eine unsachliche Debatte, in der Kultusminister Andreas Stoch (SPD) sich mit sachlichen Äußerungen zu behaupten mühte. Nun, da es wohl zu einer Koalition ohne die SPD und ohne Stoch kommt, hat der Minister die beschlossenen, aber weiter umstrittenen Pläne auf den Weg gebracht. Ein Sprecher bestätigte einen Bericht des Mannheimer Morgen, wonach Stoch die Pläne per Unterschrift freigegeben hat. "Uns wäre es lieber gewesen, die Rechtskraft bis nach den Koalitionsverhandlungen auszusetzen", rügt CDU-Bildungsexperte Georg Wacker. Dies wäre "eine Geste des politischen Anstandes". Änderungsbedarf sieht er eben bei der Leitlinie zur sexuellen Diskriminierung. Rein aus Praxis-Gründen: die Schulen bekämen Probleme bei der Umsetzung. Gleichwohl betonte CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf im Wahlkampf allzu gerne den Wert der heterosexuellen Ehe.

Die im Herbst greifende Neuerung müsse jetzt in Kraft gesetzt werden, um Lehrern Vorbereitungszeit zu verschaffen, heißt es im Ministerium. Der Termin sei lang geplant. Ausgerechnet aber mitten in der Koalitionsfindung macht Stoch Tempo? Der Bildungsplan ist zwar auch ein grünes Projekt; bekanntlich suchen jedoch Verhandler stets Spielmasse für Kompromisse.

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