Berufsbachelor:"Eine Lehre wertet das ab, nicht auf"

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Blaumann mit Bachelor: Die Unterschiede zwischen Lehre und Studium werden kleiner - sollte es deswegen bald neue Abschlussbezeichnungen geben? (Foto: imago images / Panthermedia)

Sollen Konditoren und Klempnerinnen ihre eigenen Bachelor bekommen? Peter-André Alt, Chef der Hochschulrektoren, protestiert gegen den Plan: Der Berufsbildung würde der Titel sogar schaden.

Interview von Bernd Kramer

Immer häufiger entscheiden sich junge Menschen für ein Studium, immer seltener für eine Lehre. Dabei ist eine Berufsausbildung nicht schlechter - sagt zumindest Bundesbildungsministerin Anja Karliczek, die selbst zunächst Hotelfachfrau lernte, ehe sie sich später für ein Betriebswirtschaftsfernstudium einschrieb. Neue Abschlussbezeichnungen sollen die Lehrberufe nach Willen der CDU-Ministerin nun aufwerten: Meister und Fachwirte sollen ab Januar zusätzlich den Titel "Bachelor Professional" bekommen, bei weiteren Fortbildungen gäbe es den Abschluss als "Master Professional". Der Bundestag hat die Reform bereits gebilligt, an diesem Freitag befasst sich der Bundesrat mit dem Berufsbachelor. Doch der Widerstand ist groß - die Uni-Chefs empfinden die neuen Titel als Tabubruch, den es unbedingt zu verhindern gilt.

SZ: Herr Alt, stellen wir uns zwei Schulabgänger vor: Die eine will Kfz-Meisterin werden, der andere studiert Germanistik. Welche Bildung hat für Sie mehr Wert?

Peter-André Alt: Die Hochschulrektorenkonferenz ist der Auffassung, dass Bildungsabschlüsse der beruflichen Bildung und des akademischen Lernens gleichwertig sind.

In Sonntagsreden wird die Gleichwertigkeit ja seit Jahren immer wieder beschworen. Warum sollte man sie nicht auch im Namen deutlich machen?

Gleichwertig heißt nicht identisch. Die Ausbildungen sind verschieden, aber mit einem "Bachelor Professional" werden die Unterschiede verwischt. Dabei sollte die Berufsbildung doch selbstbewusst genug sein, die Einzigartigkeit ihrer Lehre durch eigene Bezeichnungen zu betonen. Die Mischung aus anwendungsbezogenem Lernen im Betrieb und theoretischem Unterricht in der Berufsschule gibt es weltweit kaum. Was hier in Deutschland in der Berufsausbildung passiert, ist international herausragend. Das muss sich auch in der Bezahlung niederschlagen. Wer nach drei Jahren aus einer Berufsausbildung kommt, sollte dafür auch ein ordentliches und angemessenes Gehalt erwarten dürfen.

Die Industrie- und Handelskammern verwenden schon jetzt gelegentlich in Zeugnisübersetzungen die Begriffe "Bachelor Professional" und "Master Professional", damit man sich im Ausland überhaupt etwas unter den sehr deutschen Abschlüssen vorstellen kann.

Ich bin nicht überzeugt, dass wir diese Titel bräuchten, um international anschlussfähig zu sein. Ich habe noch nie gehört, dass eine Mechatronikerin oder ein Trockenbauer aus Deutschland Probleme bekommen hätte, weil der Ausbildungsabschluss nicht anerkannt wurde.

Peter-André Alt ist Präsident der Hochschulrektorenkonferenz. Zuvor war der Professor für Germanistik Chef der FU Berlin. (Foto: HRK/David Ausserhofer)

Ganz sicher zu gehen, kann allerdings auch nicht schaden.

Weltweit kennt jeder die Qualität der deutschen Berufsausbildung. Vielleicht bräuchte es hier und da einen Hinweis darauf, wie lang die Ausbildung im konkreten Fall gedauert hat. Dafür reicht allerdings eine Ergänzung auf dem Zeugnis in englischer Sprache. Man muss sich doch keine Abschlussbezeichnung aus einem anderen System leihen. Klarheit schafft das nicht. Hochschulabschlüsse zu imitieren stiftet vor allem Verwirrung.

Gab es die nicht vorher auch schon? Betriebswirt oder Informatikerin kann man mit einem Studium werden - oder mit einer Berufsausbildung. Der Zusatz "Professional" zeigt doch, dass der eine Bachelor nicht der andere ist.

Der Zusatz suggeriert eher, dass die berufliche Bildung ein nachrangiges System sei. Als Philologe würde ich sagen: Das angehängte "Professional" zeigt, dass mit diesen Abschlussbezeichnungen überhaupt nichts getan wird, um die Gleichwertigkeit zu unterstreichen. Eine Lehre wertet das ab, nicht auf, weil der übergreifende Abschlussbegriff bloß modifiziert wird.

Die Grenzen zwischen Berufs- und Hochschulbildung verschwimmen doch immer mehr. In Unis sind Praxissemester vorgesehen, ein Mechatroniker braucht heute ähnliche Kenntnisse wie ein Ingenieur. Und mit einem höheren Berufsabschluss darf man inzwischen oft auch wie jeder Abiturient an einer Uni studieren. Könnte ein Bachelor für beide nicht zeigen, wie fließend die Übergänge inzwischen sind?

Dass die Systeme durchlässiger geworden sind, ist gut und richtig. Aber der Schwerpunkt ist ein anderer: In der Berufsbildung hat die Praxis das Übergewicht, in der Hochschulbildung die Theorie. Das ist kein Qualitätsunterschied, aber man darf es nicht verwischen. Und das würde mit einem "Bachelor Professional" passieren.

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