Unfall bei Rosenheim:Prozess um tödliches Überholmanöver

Junge Frauen nach Autounfall tot - Zwei Männer vor Gericht

Zwei junge Frauen starben im vergangenen November bei Rosenheim. Der Unfall erschütterte die ganze Region, zunächst war von einem Rennen die Rede.

(Foto: Reisner/dpa)
  • Bei einem Unfall in der Nähe von Rosenheim kamen im vergangenen November eine 15 Jahre alte Jugendliche und eine 21 Jahre alte Frau ums Leben.
  • Dem Fahrzeug, in dem die Frauen saßen, kamen zwei Autos entgegen. Zeitweise sah es so aus, als hätten diese sich ein Rennen geliefert.
  • Dieser Vorwurf geht in die Anklage nicht ein, der Fahrer eines Autos steht nun wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht. Der andere Fahrer ist derzeit verhandlungsunfähig.

Von Matthias Köpf

Als die Staatsanwältin die Liste der fürchterlichen Verletzungen vorliest, an denen das 15 Jahre alte Mädchen noch in jener Nacht gestorben ist, da beginnt die Mutter zu zittern, eine schmale, blasse Frau ganz in Schwarz. Ihre ältere Tochter sitzt wie sie als Nebenklägerin mit im Saal, die Augen voller Tränen. Sie ist mit im Auto gesessen und bis heute von dem Unfall gezeichnet, doch an den Zusammenstoß kann sie sich nicht mehr erinnern, bei dem ihre kleine Schwester und die 21 Jahre alte Fahrerin des Autos gestorben sind.

Zwei BMWs und ein Golf sind den jungen Frauen an dem Abend im vergangenen November auf einer Rosenheimer Umgehungsstraße entgegen gekommen, an den Lenkrädern saßen Autonarren, Tuning-Fans. Der Golf traf den Kleinwagen der Frauen auf deren eigener Spur, mitten in einem am Ende tödlichen Überholmanöver. Der Fahrer eines Autos muss sich nun vor dem Amtsgericht Rosenheim wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Der Golffahrer ist wegen eines psychisches Traumas verhandlungsunfähig geschrieben und wird einen eigenen Prozess bekommen.

Der Unfall hat die Region erschüttert, viele Menschen trauerten um die jungen Frauen aus der kleinen Gemeinde Samerberg. Schnell war von einem illegalen Autorennen mit zwei unbeteiligten Opfern die Rede. Die beiden Beifahrer im vorderen und hinteren BMW wollen als Zeugen von einem Rennen aber nichts wissen. Zuerst habe man ganz normal den langsam fahrenden Golf mit der auswärtigen Nummer überholt, doch dann sei der plötzlich wieder von hinten gekommen und habe seinerseits zum Überholen angesetzt. Einer der Beifahrer hat in einer Nachricht auf seinem später beschlagnahmten Handy noch geschrieben, dass man dieses Mal wirklich kein Rennen gefahren sei.

Der Fahrer des Golf, auch er ein junger Mann Anfang 20, hat in einer ersten Vernehmung in jener Nacht von einem Rennen gesprochen - aber von einem, das sich die beiden BMWs geliefert hätten. Er habe überholen wollen und sei abgedrängt worden. So berichtet es ein Polizist als Zeuge. Eine Kollegin, die den schwer verletzten und da schon unter Medikamenten stehenden Fahrer zwei Tage später in der Klinik vernommen hat, sagt Ähnliches aus.

Der Golffahrer kommt aus Ulm, er kennt die anderen nicht und traf sich in Kolbermoor mit einer Österreicherin, die er über ein Tuning-Forum im Internet kennengelernt hatte. Die 41-Jährige, die als Beifahrerin schwer verletzt wurde, sagt aus, dass die beiden BMWs normal überholt hätten. Dann habe der Mann, bei dem sie im Auto saß, plötzlich mit starrem Blick Gas gegeben, dass es sie in den Sitz gedrückt habe. Dann war alles weg.

Wann gegen den Golf-Fahrer verhandelt wird, hängt von medizinischen Gutachtern ab. Der Mann, der nun auf der Anklagebank sitzt, saß am Steuer des vorderen BMW. Laut Anklage ließ er den überholenden Golf nicht einscheren, so dass es zum Crash kommen musste.

Er sitzt schweigend und die meiste Zeit so zurückgelehnt da, als säße er in dem Schnellrestaurant in Kolbermoor, zu dem er und seine Tuning-Freunde damals unterwegs waren. Sein Verteidiger spricht den Nebenklägern seine Anteilnahme aus. Den Unfall habe sein Mandant jedoch weder durch Beschleunigen noch durch Bremsen verhindern können. Den Polizisten wirft er vor, sich vorschnell auf den Verdacht eines illegalen Autorennens festgelegt zu haben.

Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen den Fahrer des hinteren BMW eingestellt, er darf als Zeuge aber schweigen. Der Vorwurf eines Rennens ist in die Anklage nicht eingegangen, er hätte einen Prozess vor dem Landgericht gerechtfertigt. Das Schöffengericht in Rosenheim wird noch einen Gutachter auch zur Frage hören, wann wer welches Auto bemerkt haben müsste. Denn der Beifahrer im vorderen Auto will - entgegen früherer Angaben - den Golf erst unmittelbar vor der Kollision bemerkt haben. Das Urteil soll am 13. Oktober fallen.

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