Zustand der Straßen:Von Baustelle zu Baustelle

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Die Betondecken der bayerischen Autobahnen sind viel zu dünn für das heutige Verkehrsaufkommen. (Foto: Johannes Simon)

Die Autobahnen in Ostbayern sind in die Jahre gekommen, doch die Sanierung zieht sich. Wieso geht das nicht schneller?

Von Christoph Dorner, München

Die A 3 bekommt bald wieder eine bisschen Schminke ins Gesicht. Anfang März wird zwischen der Anschlussstelle Metten und dem Autobahnkreuz Deggendorf in beiden Richtungen die Fahrbahn erneuert. Auf etwa fünf Kilometern Länge tauscht die Regensburger Dienststelle der Autobahndirektion Südbayern die Betondecke gegen Asphalt aus - der ist billiger, sorgt aber bei dem vielen Schwerlastverkehr aus Osteuropa auch schneller für Spurrillen und hält insgesamt nur etwa 15 Jahre. Das nächste neue Make-up, die nächste Baustelle, sie kommt ganz bestimmt - wie vielerorts in Ostbayern.

Hubert Aiwanger, den Chef der Freien Wähler, regt die Flickschusterei bei der Sanierung der ostbayerischen Autobahnen schon lange mächtig auf. Und Grund für Ärger gab es zuletzt genug. Im vergangenen Sommer galten auf den Autobahnen A 3, A 92 und A 93 wegen der Gefahr hitzebedingter Risse tagelang Geschwindigkeitsbegrenzungen. Auf insgesamt 160 Kilometern ging es nur mit Tempo 80 voran - so langsam, dass sogar der niederbayerische CSU-Landtagsabgeordnete Erwin Huber in einem Interview rundheraus gestand, sich bei einer Fahrt nach München nur 30 Kilometer an das Tempolimit gehalten zu haben.

Seit vergangenem Sommer werden von der Autobahndirektion Südbayern etwa alle 400 Meter quer laufende Asphaltbänder zur Entspannung der Betonfahrbahnen eingezogen. Sie sollen dafür sorgen, dass sich der Beton bei Hitze ausdehnen kann und sich der Druck nicht abrupt entlädt wie im Juni 2013, als ein Motorradfahrer im niederbayerischen Abensberg durch eine aufgewölbte Platte, einen sogenannten Blow-Up, ums Leben kam. Das Zeitfenster, in dem das Wetter für die Arbeiten passt, ist klein, es kommen nur ein paar Nächte im April infrage. Weil die Arbeiten deshalb erst 2017 abgeschlossen sein werden, droht Autofahrern auf der A 92 und der A 93 mindestens ein weiterer Sommer mit Blow-Up-Gefahr.

Durch den Einbau der Asphaltbänder verkürzt sich jedoch auch die Lebensdauer der mehr als 30 Jahre alten Betondecken weiter, die für das heutige Verkehrsaufkommen ohnehin zu dünn sind. Deshalb sollen im Anschluss an die Entspannungsmaßnahmen, angefangen mit der A 3, sämtliche Betonfahrbahnen abschnittsweise erneuert werden, heißt es in einer Antwort von Verkehrsminister Joachim Herrmann auf eine Landtagsanfrage Aiwangers. Hierfür gibt es eine Finanzierungszusage des Bundes. Für die A 92 sieht das Sanierungskonzept vor, von 2017 an jährlich zehn bis 15 Fahrbahnkilometer zu sanieren. Damit könnten Staus durch zu große Baustellen vermieden und die Arbeiten innerhalb von sechs bis sieben Jahren abgeschlossen werden, heißt es aus dem Ministerium. Erst im Anschluss wird die A 93 saniert, sie ist gegenwärtig noch in einem besseren Zustand.

Für Hubert Aiwanger dauert das alles zu lange. Er befürchtet durch die jahrelangen Baustellen einen wirtschaftlichen Schaden für Ostbayern. "Sanieren muss schneller gehen", fordert er, etwa durch den verstärkten Einsatz von Nachtbaustellen. "Es kann nicht sein, dass es bei Fahrten quer durch Bayern jahrelang zu massiven Verspätungen kommt. Mit einer solchen Infrastruktur fällt Ostbayern zurück." Dass die Übernachtungszahlen im Bayerischen Wald und der Region Passau zuletzt rückläufig waren, liege auch an den maroden Straßen, glaubt Aiwanger. Bei der Autobahndirektion Südbayern sieht man dagegen wenig Spielraum für eine Beschleunigung der komplexen Sanierung. "Wir orientieren uns dabei auch an der Zumutbarkeit für die Autofahrer", sagt Sprecher Josef Seeberger. Noch größere Baustellen würden schlichtweg das Unfallrisiko erhöhen. Und die beauftragten Baufirmen arbeiteten auf der Autobahn ohnehin Tag und Nacht an der Grenze der Belastbarkeit, sodass man für deren Mitarbeiter eigentlich auch die Scheidungsanwälte bezahlen müsste, sagt Seeberger.

Auch bei den Industrie- und Handelskammern in Regensburg und Passau will man nicht in die Kritik Aiwangers einstimmen. Schließlich hatte man auch dort jahrelang lieber neue Verkehrswege gefordert, als deutlicher auf den Substanzverzehr der bestehenden Infrastruktur hinzuweisen. Daran ist auch die Politik nicht ganz unschuldig. Denn mit dem Bundesverkehrswegeplan, der nach mehreren Verschiebungen an Ostern veröffentlicht werden soll, wird der Bedarf an Neu- und Ausbauten im Verkehrsnetz bis ins Jahr 2030 ermittelt. Das sorgte bei der Projektanmeldung für Gedrängel, obwohl mittlerweile längst klar ist, dass für viele Projekte kein Geld zur Verfügung stehen wird. Auch Aiwanger kann lange über notwendige Straßenbauprojekte in Ostbayern reden. Er sagt aber: "Lieber gleich enttäuscht als ständig in trügerischer Hoffnung."

Stattdessen fordert Aiwanger, so wie Verkehrspolitiker bundesweit, eine überjährige Finanzierung für die Sanierung von Straßen und Brücken. Hier hat Seeberger von der Autobahndirektion Südbayern nach jahrelangen Versäumnissen ein Umdenken der Politik ausgemacht. Zuletzt seien 60 Prozent der bewilligten Mittel in den Erhalt der Infrastruktur geflossen.

© SZ vom 03.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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