Zugspitzlauf:Ein Tag der Freude

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"Wäre ich vor zwei Jahren mitgelaufen, dann wäre ich heute nicht hier": Der Extremlauf auf die Zugspitze nimmt diesmal ein gutes Ende.

Ines Alwardt

Peter Krinninger schaut von der Zugspitze hinunter ins Tal, als er den Satz sagt, der so klingt, als habe er ihn lange geübt. Es sei ein Tag der Freude für ihn, sagt Krinninger. Seine Arme hat der Veranstalter des Zugspitzlaufs vor der Brust verschränkt. Trotzdem verrät sein Blick: Der zehnte Lauf auf den höchsten Gipfel Deutschlands ist für ihn ein Tag der Anspannung. Nicht, weil es ein Jubiläumslauf ist, sondern weil das Unglück aus dem Jahr 2008 noch längst nicht vergessen ist.

Die besten Läufer schafften die Strecke in gut zwei Stunden. (Foto: ag.ddp)

Fast genau zwei Jahre ist es her, dass bei dem von Krinninger und seiner Agentur organisierten Extremlauf auf den höchsten Gipfel Deutschlands zwei Menschen starben. Das, was als sportliches Event geplant war, entwickelte sich für mehr als 700 Bergläufer auf 18 Kilometern zu einem Wettlauf mit dem Tod.

Bei 13 Grad waren die Athleten in Ehrwald (Tirol) gestartet, viele von ihnen trugen einfache Laufschuhe ohne Profil, kurze Hemden und Hosen. Auf mittlerer Höhe überraschte sie Schnee, Eisregen und ein peitschender Wind. Die Temperaturen fielen bis auf gefühlte minus zehn Grad - auch erfahrene Bergläufer kämpften sich nur mit Mühe ins Ziel auf 2200 Metern Höhe.

Zwei Teilnehmern konnten die Rettungskräfte nicht mehr helfen, sie starben an Unterkühlung und Entkräftung, neun Teilnehmer kamen mit schweren Erfrierungen ins Krankenhaus.

Philipp Schempp aus Berlin ist am jetzigen Sonntag einer von 626 Startern, die sich um 9.15 Uhr auf den Weg auf die Zugspitze machen. Er trägt die Startnummer 279. Viel Erfahrung im Berglaufen hat der 27-Jährige nicht. "Ich bin nicht optimal vorbereitet, wir trainieren nur im Flachland", sagt er vor dem Start.

Statt ihn abzuschrecken, hat der Unglückslauf von 2008 seinen Ehrgeiz geweckt. "Wir haben von dem Lauf gehört, das war ein Ansporn für uns, das auch mal zu probieren", sagt er. Dass zwei Menschen dabei umkamen, sei schrecklich, "aber jeder Läufer ist für sich selbst verantwortlich".

Gegen Krinninger wurde nach der Tragödie Strafbefehl erlassen - wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft sagte, er hätte den Lauf bei den schlechten Wetterbedingungen abbrechen müssen. Der Veranstalter legte Einspruch ein, im Dezember sprach ihn das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen in allen Anklagepunkten frei.

Nun versucht Krinninger neu anzufangen. "Die letzten zwei Jahre waren extrem belastend", sagt er und schaut in das Tal. Dennoch habe er in dieser Zeit nie daran gedacht, seine Agentur aufzugeben, "weil ich wusste, dass ich unschuldig bin."

Verschärfte Sicherheitsvorkehrungen gab es am Sonntag nicht. "Wir mussten nichts optimieren", sagt Krinninger. Bereits vor zwei Jahren habe man die Sportler auf die richtige Kleidung und die extremen Bedingungen im hochalpinen Gelände hingewiesen. Auch Franz Miller hatte sich 2008 angemeldet.

Es sollte seine erste Tour auf die Zugspitze werden. Doch einen Tag zuvor zog der Musiktherapeut aus Scheyern seine Meldung zurück. Er hatte sich vier verschiedene Wetterberichte im Internet angeschaut, und war von dem schlechtesten ausgegangen: Eisregen, Sturm - Miller ging das Risiko nicht ein.

Heute sagt er: "Wäre ich mitgelaufen, wäre ich heute nicht hier." Er sei ein langsamer Läufer. "Und die letzten hat's erwischt".

© SZ vom 12.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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