Zoff mit Österreich:Scheuer fährt nicht zu Brenner-Gipfel

Verkehrsminister sagt wegen Streit um Lastwagen-Blockaden ab

Der Streit um Tirols Lastwagen-Blockaden an der deutsch-österreichischen Grenze Richtung Brenner hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte angesichts verhärteter Fronten seine Teilnahme an einem erneuten Brenner-Gipfel nächste Woche in Bozen ab. Nach einem Gespräch mit Österreichs Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) sei klar, "dass das Land Tirol an einer kurzfristigen Lösung der Verkehrssituation an der deutsch-österreichischen Grenze nicht interessiert ist und an den Belastungen durch die Blockabfertigung festhält", teilte Scheuers Ministerium am Donnerstag mit. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) reagierte verärgert und nannte die Absage "schlechten Stil". "Damit ist offensichtlich, dass Deutschland keinerlei Lösungsansätze seit unserem letzten Treffen im Februar gesucht hat", kritisierte Platter laut Mitteilung. Postwendend antwortete Scheuers Sprecher Wolfgang Ainetter auf Twitter: "Lieber Landeshauptmann Günther Platter, "schlechter Stil" ist, wenn man keine zeitnahen und schnellen Lösungen anstrebt in einem Europa des freien Warenverkehrs - und alles blockiert."

Bei Blockabfertigungen lässt Tirol an der bayerisch-österreichischen Grenze bei Kiefersfelden nur 250 Lastwagen pro Stunde einreisen. Auf deutscher Seite bilden sich dann regelmäßig kilometerlange Staus.

Die Maßnahmen Österreichs an der Grenze hatte Bayern immer wieder scharf kritisiert. Tirol warf den Nachbarn im Gegenzug vor, den Schienenausbau zum Brennerbasistunnel nicht voran zu bringen. Der Tunnel soll voraussichtlich von 2026 an die Transitstrecke entlasten - doch bisher fehlen dazu Kapazitäten in Bayern. 2020 soll hier erst feststehen, wo die Trassen verlaufen. Dabei gebe es seit 2012 eine Vereinbarung, die Deutschland zum viergleisigen Ausbau "zeit- und fachgerecht" verpflichte, sagte Platter. Scheuer hatte Hofer am Rande des EU-Verkehrsministerrates getroffen und danach entschieden, dass seine Teilnahme am Brenner-Gipfel keinen Sinn ergebe, wie sein Ministerium mitteilte. Die deutsche Seite werde beim Gipfel aber dabei sein, um einen Aktionsplan zu unterzeichnen. Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner kündigte am Donnerstag ihre Teilnahme an dem Treffen an. Am nächsten Dienstag wollten sich die Verkehrsminister Deutschlands, Österreichs und Italiens sowie Vertreter der Regionen in Bozen zu einem zweiten Brenner-Gipfel treffen und Lösungen zur Eindämmung des Transitverkehrs suchen. Vor allem soll es um die Stärkung des Schienenverkehrs gehen. Bei einem ersten Treffen im Februar in München hatten sich die Teilnehmer darauf verständigt, möglichst noch in diesem Jahr mehr Güter auf die Schiene zu bringen.

Die Brenner-Route ist eine der meistbefahrenen Transitstrecken. An die 2,25 Millionen Lastwagen kamen 2017 nach Tiroler Angaben an der Zählstelle in Schönberg vorbei, acht Prozent mehr als im Jahr zuvor - und 2018 sind es demnach nochmals 13 Prozent mehr. Um die eigene Autobahn zu entlasten, verschärfte Tirol seine Blockabfertigungen. Allein in den Pfingstferien bremste Tirol an sieben Tagen morgens den Lastwagenverkehr aus.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: