Zeitungszeugen:Bayern verbietet Abdruck von Nazi-Hetzblättern

Der Freistaat hat den Nachdruck von Nazi-Hetzblättern durch das Projekt Zeitungszeugen untersagt. Der Verlag wehrt sich.

Das bayerische Finanzministerium hat als Inhaber der Rechte des früheren NS-Verlags Eher den Originalnachdruck von Nazi-Hetzblättern durch das Projekt Zeitungszeugen untersagt. Der ersten Edition sei ein kompletter Nachdruck einer Ausgabe der Goebbels-Zeitung Der Angriff von 1933 lose beigefügt, teilte das Ministerium mit.

Zeitungszeugen: Der Verlag wehrt sich gegen das Verbot des Finanzministeriums, Nazi-Zeitungen abzudrucken.

Der Verlag wehrt sich gegen das Verbot des Finanzministeriums, Nazi-Zeitungen abzudrucken.

(Foto: Foto: ddp)

Für die zweite Ausgabe im Rahmen des wissenschaftlichen Projekts sei der Faksimiledruck des ebenfalls im Eher-Verlag erschienen NSDAP-Organs Völkischer Beobachter geplant. Das Ministerium forderte Zeitungszeugen auf, eine Unterlassungserklärung abzugeben und bereits im Umlauf befindliche Exemplare einzuziehen. Die Edition war vor gut einer Woche erstmals erschienen.

Die Eher-Verlagsrechte waren nach Ende des Zweiten Weltkriegs auf den Freistaat Bayern übergegangen. Damit wurde der Staatsregierung auch die Verantwortung übertragen, die Wiederverbreitung von NS-Propaganda zu unterbinden.

Abdruckgenehmigungen für Gesamtwerke erteilte der Freistaat weder im In- noch im Ausland. Die Staatsregierung begründet dies auch mit dem Respekt gegenüber den Opfern des Holocaust.

Redaktion und Verlag der Zeitungszeugen haben indes angekündigt, sich zu wehren. "Wir gehen mit allen juristischen Mitteln gegen diesen Angriff auf die Pressefreiheit vor", erklärte Chefredakteurin Sandra Paweronschitz in einer Mitteilung.

"Die Unterstellung, wir würden mit dem Nachdruck dieser NS-Blätter eine Missbrauchsgefahr der NS-Propaganda hervorrufen, ist so kurzsichtig wie falsch, so Paweronschitz.

Entgegen den Behauptungen des Finanzministeriums sei völlig unklar, ob dem Freistaat die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den NS-Blättern Angriff oder dem Völkischen Beobachter jemals zugestanden haben. "Und wenn ja, bleibt fraglich, ob diese Rechte 70 Jahre nach der Veröffentlichung überhaupt noch in Bayern liegen", erklärt der Zeitungszeugen-Verleger Peter McGee.

Zeitungszeugen wird vom britischen Verlagshaus Albertas Limited herausgebracht. Ziel ist, mit kommentierten Nachdrucken von Zeitungen aus der Nazi-Herrschaft Einblicke in die Zeit von 1933 bis 1945 zu geben.

Die erste Ausgabe dokumentiert und kommentiert die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933. Der Freistaat Bayern hält auch die Rechte an Adolf Hitlers Hetzschrift "Mein Kampf" - allerdings nur noch bis zum Jahr 2015. In dem Jahr - 70 Jahre nach Hitlers Selbstmord - läuft der Urheberschutz für das Buch aus.

Derzeit läuft eine Debatte um eine kritische Edition. Die Staatsregierung lehnt eine wissenschaftlich kommentierte Ausgabe ab, Wissenschaftler raten indes dazu, um Mythenbildung entgegenzuwirken.

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