Zeil gegen Seehofer:Abrechnung mit der CSU

Wirtschaftsminister Zeil von der FDP geht zum Angriff über - und nimmt in Kauf, dass der Graben zu Regierungs- und CSU-Chef Seehofer immer tiefer wird.

Mike Szymanski

Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) hat am Mittwoch eine Rede über die Leitlinien seiner Wirtschaftspolitik dazu genutzt, um mit dem Koalitionspartner CSU abzurechnen.

Ministerpräsident Horst Seehofer warf er vor, seine Arbeit kurz vor der Bundestagswahl zu vernachlässigen. "Ich habe den Eindruck, dass er viel zu sehr beschäftigt ist als Parteichef und die Rolle des Regierungschefs daher in den Hintergrund tritt", sagte Zeil vor Journalisten.

Seehofers Äußerungen zur Wirtschaftspolitik bei einem Pressetermin vergangene Woche nannte er eine "Wahlkampfveranstaltung der Staatskanzlei". Außerdem bezeichnete er Seehofers Ankündigung, sich in die Rettung des insolventen Modekonzerns Escada einzuschalten, als "alles andere als hilfreich".

Tiefe Kluft

Ein Staatskanzlei-Sprecher wies Zeils Vorwürfe als "absurd" zurück. Das Gerangel um die Wirtschaftskompetenz in der Staatsregierung geht damit in eine neue Runde, und der Ton wird immer schärfer. Dieses Mal entwickelt sich der Fall Escada zum Streitpunkt zwischen CSU und FDP.

Er verdeutlicht, wie tief die Kluft zwischen Seehofer und Zeil mittlerweile geworden ist. Am Dienstag hatte sich Seehofer mit dem früheren EM.TV-Aufsichtsratschef Nickolaus Becker als Vertreter einer potentiellen Investorengruppe für Escada getroffen und über Fortführungsmöglichkeiten gesprochen. Seinen Wirtschaftsminister Zeil hatte er nicht dabei. "Über diesen Termin waren wir nicht informiert", erklärte der Minister.

Es ist nicht das erste Mal, dass Seehofer seinen Minister derart vorführt. Die Frage nach möglichen Hilfen des Staates für in Not geratene Unternehmen und von der Krise stark betroffene Regionen hat einen Keil zwischen CSU und FDP getrieben.

Auslöser war die Diskussion um Bürgschaften für den verschuldeten Autozulieferer Schaeffler in Franken im Frühjahr. Seehofer hatte sie ausdrücklich befürwortet, Zeil hatte davor gewarnt, vorschnell als Staat einzuspringen. Seither ist keine einheitliche Linie in der Wirtschaftspolitik erkennbar.

Dies gipfelt mittlerweile in gesonderten und nicht miteinander abgesprochenen Besuchen bei Firmen in Not. Sowohl die Belegschaft von Quelle in Nürnberg als auch Arbeiter der Glashütte in Riedlhütte mussten ihre Sorgen zweimal vortragen - oft mit unterschiedlichen Ergebnissen. Seehofer versprach Hilfe, Zeil dämpfte oftmals Erwartungen. Zeil und Seehofer hatten sich vorgeworfen, zu viel zu versprechen oder mit den Problemen überfordert zu sein - ein beispielloser Vorgang innerhalb einer Regierung.

"Jeden Tag für den Erhalt von Arbeitsplätzen unterwegs"

Zeil sagte am Mittwoch: "Die Betroffenen brauchen einen Ansprechpartner." Zu den aus der CSU gestarteten Rettungsversuchen für Firmen und Standorte sagte er: "Nicht alles war dabei abgestimmt und fachlich auf gesichertem Boden." Er warne davor, eine unternehmerfeindliche Atmosphäre zu schaffen. Seehofers Sprecher entgegnete, der Ministerpräsident sei "jeden Tag für den Erhalt von Arbeitsplätzen unterwegs".

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt erklärte: "Persönliche Auseinandersetzungen, wie sie Herr Zeil andeutet, führen wir nicht." Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause nannte den Streit "grotesk". SPD-Landesvize Annette Karl sagte, das "Sommerschmierentheater" lähme die Staatsregierung.

Unterdessen bereitete Zeil die Bürger im Freistaat auf wirtschaftlich schwierige Jahre vor. "Wir müssen uns auf einen mühsamen Wiederaufstieg einstellen", sagte er. Im ersten Halbjahr 2009 war auch die Wirtschaft in Bayern regelrecht abgestürzt. Die Ausfuhren gingen um knapp 27 Prozent zurück, die Kapazitäten der Firmen waren nur zu 71 Prozent ausgelastet - ein Rückgang um 15 Prozent. Zwar sei der freie Fall mittlerweile gestoppt, Zeil sagte aber: "Es ist zu früh, Entwarnung zu geben."

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