Wohnungsnot in Bayern:Herbergssuche anno 2010

Bayerns Innenminister Herrmann warnt vor einer drohenden Wohnungsnot und appelliert an die Bauwirtschaft, mehr zu tun. Am schlimmsten trifft die Wohnungsnot Familien mit wenig Geld in Ballungsräumen.

Mike Szymanski

In Bayern wird es immer schwieriger, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) droht im Freistaat in den kommenden Jahren akute Wohnungsnot, sollten nicht rasch wieder mehr Häuser gebaut werden.

Wohnungsnot, AP

Studenten suchen am Schwarzen Brett an der Uni München verzweifelt nach einer Wohnung. Der Mietmarkt in München ist seit Jahren schwierig.

(Foto: Foto: AP)

Einer Prognose der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt zufolge steigt der Bedarf an neuen Wohnungen bis zum Jahr 2027 bayernweit auf knapp 900000 Wohnungen. Schon jetzt fehlen 266000 Unterkünfte, ein großer Teil davon in München. In eindringlichen Worten mahnte Herrmann die Bauwirtschaft: "Ich kann nur appellieren, das Problem ernster zu nehmen", sagte der Minister. "Es ist eine soziale Verpflichtung, für akzeptable Bedingungen auf dem Wohnungsmarkt zu sorgen."

Davon aber entfernt sich der Freistaat immer mehr. Schon jetzt gibt es vor allem im Großraum München Gegenden, in denen es sehr schwer geworden ist, überhaupt noch bezahlbare Wohnungen zu finden. Wenn das Angebot knapp ist, steigen die Preise. 2008 wurden in Bayern nur noch 36000 Wohnungen fertiggestellt.

Das ist der niedrigste Wert seit Beginn der Aufzeichnung im Jahr 1951. Auch wenn die endgültigen Zahlen für das vergangene Jahr noch nicht vorliegen, geht Herrmann keinesfalls von einer Besserung aus. "Auf einen Anstieg deutet nichts hin", so der Minister. Die Anzahl der Baugenehmigungen ist mit weniger als 35000 ebenfalls auf einen historischen Tiefstand gesunken.

Der seit Mitte der 90er Jahre anhaltende Trend dürfte durch den Wegfall der Eigenheimzulage verstärkt worden sein. Auch die Angst der Bauwilligen vor den Folgen der Finanzkrise spielt eine Rolle. Der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen machte die Klimaschutz-Vorgaben der Bundesregierung verantwortlich: Diese hätten die Bau- und Sanierungskosten in die Höhe getrieben.

Prekär wird die Lage besonders im Großraum München. In der Studie der Landesbodenkreditanstalt wird allein dort der Bedarf an neuen Wohnungen bis zum Jahr 2027 mit 252.500 angegeben. "Wir müssen in fünf bis zehn Jahren mit einem echten Wohnungsmangel und deutlich gestiegenen Preisen in München rechnen", sagte Herrmann. Für die Regionen um München und Ingolstadt etwa erwarten die Statistiker bis 2027 einen deutlich überdurchschnittlichen Bevölkerungszuwachs von mehr als sieben Prozent. Bayernweit dürfte die Zahl der Einwohner um nur ein Prozent steigen.

Die Hälfte der bayerischen Landkreise wird sogar Einwohner verlieren. Deutlich fällt der Bevölkerungsschwund zum Beispiel im oberfränkischen Kreis Wunsiedel mit prognostizierten knapp 20 Prozent aus. Dass die Autoren der Studie selbst für solche Regionen mitunter Bedarf an neuen Wohnungen ausmachen, hat unterschiedliche Gründe. Weil immer mehr Menschen in Single- oder Zweipersonenhaushalten leben, bedarf es eines anderen Angebots auf dem Wohnungsmarkt.

Problemfall: Familien in Ballungsräumen

Die größte Gruppe der Alleinlebenden sind laut Studie Menschen im Rentenalter. Die bleiben in der Regel in ihrer großen Familienwohnung, auch wenn die Kinder bereits ausgezogen sind oder der Partner verstorben ist. Wenn immer weniger Menschen in den Wohnungen leben, dann verknappt dies ebenfalls das Angebot.

Am schlimmsten trifft die Wohnungsnot Familien mit wenig Geld in Ballungsräumen. Dort verringert sich auch schon das Angebot an günstigen Sozialwohnungen. Der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen warnte bereits vor einer Verdrängung unterer Einkommensschichten aus den Zentren, weil in den kommenden fünf Jahren 65.000 der 195.000 Sozialwohnungen aus der Preisbindung herausfallen und deren Eigentümer dann mehr als die festgeschriebenen 5,25 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter verlangen können.

Angesichts dieser Entwicklungen will Herrmann die Mittel für das bayerische Wohnungsbauprogramm gegen alle Sparwünsche verteidigen. Auch im Jahr 2010 stellt das Innenministerium wieder 215 Millionen Euro zur Verfügung, um den Bau von Mietwohnungen mit Darlehen zu fördern. Wer eine Immobilie kaufen oder bauen und selbst darin wohnen will, kann zinsverbilligte Darlehen bekommen, sofern er nicht zu viel verdient. Das Programm ist sehr gefragt, weshalb nach Ministeriumsangeben die Mittel 2010 nicht ausreichen werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: