Wissenschaft:Drei Leibniz-Preise gehen nach Bayern

So kommt man zu Ehren: mit arabischen Autoren, dem Mars und Computern, die Bilder erkennen können.

Von Anne Kostrzewa

Er gilt als deutscher Nobelpreis, als wichtigster Wissenschaftspreis, der in der Bundesrepublik Deutschland verliehen wird: der Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Jedes Jahr können sich zehn Wissenschaftler über die mit jeweils 2,5 Millionen Euro dotierte Auszeichnung freuen.

In Bayern ist die Freude schon jetzt groß: Drei Preisträger des kommenden Jahres lehren und forschen im Freistaat. Wie die DFG am Donnerstag bekannt gab, gehen Leibniz-Preise 2016 nach Bayreuth, Würzburg und an die Technische Universität (TU) München.

Die Forschungsschwerpunkte der ausgezeichneten Wissenschaftler könnten unterschiedlicher kaum sein. Sie reichen von Philosophiegeschichte über Mineralogie bis zu mathematischer Bildverarbeitung. Was sie eint, sind die wegweisenden Erkenntnisse, welche die Forscher in ihren jeweiligen Fachgebieten erbracht haben.

Wie arabische Autoren die europäische Universitätstradition prägten

Wissenschaft: Den Lehrstuhl für Geschichte der Philosophie an der Uni Würzburg hat Professor Dag Nikolaus Hasse inne.

Den Lehrstuhl für Geschichte der Philosophie an der Uni Würzburg hat Professor Dag Nikolaus Hasse inne.

(Foto: Margarete Pauli)

Dag Nikolaus Hasse ist einer von ihnen. Er hat an der Uni Würzburg den Lehrstuhl für Geschichte der Philosophie inne. In gewisser Weise täuscht die Bezeichnung; tatsächlich reicht sein Spezialgebiet bis in die Gegenwart und ist heute aktueller denn je. Denn Hasse erforscht, wie arabische Autoren die europäische Universitätstradition im Mittelalter geprägt haben - und warum dieser Einfluss in der Renaissance unter anderem von radikalen Humanisten und Bildungsreformen aktiv zurückgedrängt und unterdrückt wurde und schließlich aus der europäischen Erinnerung fast ganz verschwand. Ein Prozess, sagt Hasse, in dem viele Vorurteile gegenüber der islamischen Zivilisation entstanden seien, die bis heute nachwirkten.

Vieles, was heute in der westlichen Welt als selbstverständlich erachtet wird - Algebra, Krankenhäuser, Apotheken, Sternennamen und viele wissenschaftliche Theorien -, habe seine Wurzeln im Nahen Osten. "Ein christliches Abendland in Reinform, das heute von einigen mit Berufung auf die Vergangenheit verteidigt wird, hat es als solches, also ohne den Einfluss des Orients, nie gegeben", sagt Hasse.

Die Vergangenheit sei komplexer. "Wir haben eine gemeinsame Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte mit der arabischen und auch mit der jüdischen Welt", sagt Hasse. "Im Mittelalter gab es, trotz der Kreuzzüge, in dieser Hinsicht eine größere intellektuelle Offenheit als bei vielen selbsternannten Vorkämpfern für das Abendland heute." Die Erkenntnis, dass Kulturen auch in der Vergangenheit schon komplex waren, könne helfen, diese Offenheit gegenüber anderen Denkweisen zurückzugewinnen.

Planetenentstehung und schlaue Computer

Wissenschaft: Daniel Frost ist Professor für Mineralogie in Bayreuth.

Daniel Frost ist Professor für Mineralogie in Bayreuth.

(Foto: oh)

Warum der Mars anders aussieht, als die Erde

In die Vergangenheit blickt auch Daniel Frost, Professor für Mineralogie am Bayerischen Geoinstitut der Uni Bayreuth. Auch ihm wird im kommenden Jahr der Leibniz-Preis verliehen. Daniel Frosts Interesse gilt der Frage, wie Planeten entstehen. Im Labor bildet Frost die einzelnen Bestandteile und Schichten des Erdinnern nach und untersucht ihr Verhalten - unter hohem Druck und hoher Temperatur.

Dabei fand er unter anderem heraus, warum Marsgestein deutlich mehr Eisen enthält als Gestein auf der Erde: Der Mars ist kleiner als die Erde, in seinem Innern herrscht ein geringerer Druck. Frost entdeckte, dass deshalb weniger Eisenoxid im Kern des Mars ist - und entsprechend mehr davon in den äußeren Schichten. In der Erde ist es anders herum. Trotz ihrer gleichen Zusammensetzung sehen die beiden Planeten deshalb sehr unterschiedlich aus.

Wissenschaft: Professor Daniel Cremers von der TU München.

Professor Daniel Cremers von der TU München.

(Foto: Eckert und Heddergott)

Wie Computer Bildverarbeitung lernen

Der dritte bayerische Preisträger ist Daniel Cremers, Informatiker an der TU München. Er wird für seine Forschung zur mathematischen Bildverarbeitung und Mustererkennung ausgezeichnet. Dabei hat er, anders als die anderen beiden Preisträger aus Bayern, nicht die Vergangenheit im Blick, sondern die Zukunft.

Genauer: die digitale Welt. Cremers versucht, Computern die möglichst präzise Erfassung und Erkennung von Bildmaterial beizubringen. Derartige Technik kann etwa im Auto helfen, Hindernisse zu erkennen, die sich der Fahrspur nähern. Aus Fotos können auf dem Bildschirm dreidimensionale Modelle entstehen, wie beim 3D-Druck oder Filmen mit 3D-Erlebnis. Ebenso können Drohnen lernen, sich autonom in einem Raum zu bewegen.

Bayerns Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle verwies auf das starke Statement, das Bayern mit den Auszeichnungen gebe: "Ganz besonders freut mich, dass Wissenschaftler aus verschiedenen Regionen Bayerns und von Universitäten mit unterschiedlicher Ausrichtung und Tradition ausgezeichnet wurden", so Spaenle. "Das bestätigt die hohe Leistungsfähigkeit der gesamten bayerischen Wissenschaftslandschaft."

Die Leibniz-Preise werden im kommenden März in Berlin verliehen. Weitere Preisträger 2016 forschen in Bonn (zwei Preise), Berlin (drei Preise), Göttingen und Mühlheim an der Ruhr.

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