Wirtschaftsförderung in Bayern:Aus Schwaben mach Westbayern

Wer in der großen weiten Wirtschaftswelt kennt schon Swabia? Bavaria funktioniert als Marke doch so viel besser. Nach dieser Logik fordert Augsburgs IHK-Präsident Andreas Kopton, den Regierungsbezirk Schwaben in Westbayern umzubenennen. Ja, im Ernst.

Von Stefan Mayr

Was wohl der Allgäuer, der Seehas, der Nestelschwab, der Blitzschwab, der Spiegelschwab, der Gelbfüßler und der Knöpfleschwab dazu sagen würden? Leider kann man die legendären "Sieben Schwaben" nicht mehr fragen, ihre Expertise wäre sicherlich zielführend in jener hitzigen Diskussion, die der Augsburger IHK-Präsident Andreas Kopton angestoßen hat. Man sollte den Regierungsbezirk Schwaben zwecks besserer Profilierung und Vermarktung umbenennen, hat der Unternehmer am Donnerstag in einem Zeitungs-Interview gefordert. Sein Namensvorschlag lautet: Westbayern.

Westbayern? Der Vorstoß ruft, nun ja, geteilte Reaktionen hervor. Regierungspräsident Karl Michael Scheufele will die Anregung gar nicht kommentieren, und Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl bellt: "Das wird der Identität der Schwaben nicht gerecht und ist nicht durchsetzungsfähig." Er sei überzeugt, dass die Bevölkerung eine "Umetikettierung" nicht mittragen werde.

Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert zeigt sich ebenfalls skeptisch: "200 Jahre Geschichte ist schon ein bisschen was. Das kann man nicht einfach durch einen wirtschaftlichen Begriff ersetzen." Bei ihm hätten auch schon besorgte Bürger angerufen und betont: "Mir bleiben fei bayrische Schwoba."

"Wir könnten Firmen anlocken mit dem Slogan Go West"

Auch im Internet wird über den Vorschlag lebhaft diskutiert. Die Reaktionen gehen von "Volltreffer" bis "Schnapsidee". Obendrein wird das zweifellos kreative Konzept sogleich weitergedacht. Einer schlägt vor, man könne die Bezirke Oberfranken, Unterfranken und Mittelfranken ja umtaufen in Nordbayern 1, Nordbayern 2 und Nordbayern 3. Und das Allgäu wäre dann Südwestschwaben?

"Nein", sagt Andreas Kopton. "Die Allgäuer dürfen Allgäuer bleiben, die Rieser Rieser und die Altbayern Altbayern." Ihm gehe es darum, einen Begriff zu finden, der erstens genauer zutreffe und zweitens mehr Identifikation stifte. "Immer, wenn ich außerhalb Bayerns sage, dass ich aus Schwaben komme, dann sagen die Leute: Stuttgart." Der Begriff Schwaben stehe also für etwas, "was wir gar nicht sagen wollen". Deshalb fordert er einen neuen Namen, "der uns endlich eindeutig zuordenbar macht, das verstehe ich auch unter Identifikation".

Die Altbayern wollten bis heute keine Schwaben sein, betont er. "Aber sie leben in Westbayern." Auch international erhofft er sich einen positiven Effekt: "Swabia kennt niemand, aber Bavaria ist auf der ganzen Welt bekannt und auch positiv besetzt", schwärmt er. "Wir könnten Firmen anlocken mit dem Slogan Go West, Mannomann ist das klasse!"

Kopton hat vor Jahren schon einmal eine Umbenennungsidee in die Welt gesetzt: Er wollte seine Industrie- und Handelskammer Augsburg-Schwaben in IHK Allgäu umbenennen. Seine Begründung: Allgäu sei eine viel bekanntere Marke. Damit holte sich der gebürtige Norddeutsche allerdings eine blutige Nase - nicht nur in Nordschwaben. Das hält ihn aber nicht davon ab, mit seinem nächsten Vorschlag gleich einen großen Schritt weiterzugehen: Diesmal will er, wohlgemerkt, nicht nur seiner Kammer einen neuen Namen geben, sondern gleich dem gesamten Bezirk.

Heimatpfleger sind nicht gerade begeistert

Der Bezirksheimatpfleger ist, gelinde gesagt, wenig begeistert: "Als ich das gelesen habe, musste ich erst einmal schlucken", berichtet Peter Fassl, der sich merklich um eine diplomatische Wortwahl müht. "Ob eine Umbenennung aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nötig ist, habe ich nicht zu beurteilen", sagt er, "aber aus historischer und kulturgeschichtlicher Sicht halte ich das für falsch." Der Lech sei seit dem sechsten Jahrhundert als Grenze zwischen Schwaben und Bayern belegt. Seitdem gebe es ein Selbstverständnis der Schwaben, "dieses Bewusstsein hat sich im 19. und 20. Jahrhundert eher verstärkt und wird auch nicht nachlassen".

"Ich bin kein Fan dieser Idee"

Auch der Tourismusverband Allgäu-Bayerisch Schwaben e.V. verspürt keine große Lust auf eine Namenswechsel: "Ich bin kein Fan dieser Idee", sagt der Vorsitzende Klaus Holetschek. Im Übrigen hat der Tourismusverband derzeit andere Sorgen: Zuletzt wurde ein 500.000-Euro-Defizit bekannt, und die Verantwortlichen zerbrechen sich den Kopf über den Abbau dieser Schulden. Ob ein neuer Name die Tilgung beschleunigen könnte? "Das schließe ich aus", sagt Holetschek.

Andreas Kopton meint es mit seinem Vorschlag durchaus ernst, obgleich er auch einräumt, dass er sich damit nicht nur Freunde mache. "Die Umbenennung der IHK wäre ja ein erster Schritt, aber schon das wird schwer genug." Er wolle aber die Diskussion anstoßen, "einer muss ja den Anfang machen".

Aus der IHK-Zentrale wird unterdessen berichtet, so mancher Mitarbeiter habe sich vergifteten Spott und heftige Vorwürfe von Unternehmern anhören müssen. "Mich interessieren Inhalte und nicht Etiketten", soll einer gesagt haben. Und am Freitag habe eine besorgte Schülerin angerufen, weil sie für ihr Referat am selben Tag wissen wollte, ob der Bezirk nun noch Schwaben oder schon Westbayern heiße.

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