Wirtschaft:Aufsteigerstadt Augsburg

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SZ-Grafik; Quellen: Stadt Augburg, Agentur für Arbeit

Die schwäbische Metropole wird bald auf mehr als 300 000 Einwohner wachsen. Viele Menschen wenden sich von München ab, weil das Leben in der Nachbarstadt angenehm und bezahlbar ist.

Von Christian Rost, Augsburg

0821 statt 089. Immer mehr Menschen zieht es nach Augsburg und nicht in die bayerische Landeshauptstadt. Ob Studenten oder junge Familien: Mit den günstigeren Mieten im Vergleich zu München, dem bunten Kulturangebot und der zunehmenden Zahl attraktiver Jobs in der Hochtechnologie gilt die Stadt mittlerweile vielen als überlegenswerte Alternative zur Millionenstadt an der Isar. Seit dem Jahr 2011 jedenfalls steigt die Einwohnerzahl der Schwabenmetropole rasant, bald wird die 300 000-Einwohner-Marke geknackt. Die Kehrseite der Medaille ist, dass auch in Augsburg die Mieten steigen und der Wohnraum knapp wird.

In den vergangenen sechs Jahren verzeichnete das Stadtplanungsamt eine Zunahme der Bevölkerung von 270 000 auf jetzt 293 000 Einwohner. Weil die Zahl der jährlichen Sterbefälle (3100) die der Geburten um 300 übersteigt, sorgen ausschließlich Zuzügler für das Wachstum. Es sind viele überdurchschnittlich gebildete Menschen, die die drittgrößte Stadt Bayerns für sich als Wohnort entdecken und gegebenenfalls nach München zum Arbeiten pendeln. Die Züge im Berufsverkehr sind regelmäßig überfüllt.

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40 Prozent der Augsburger Neubürger haben einen Hochschulabschluss, weitere 30 Prozent Abitur. Die Luft- und Raumfahrtunternehmen sowie Firmen, die sich auf Faserverbundtechnologien spezialisiert haben, bieten attraktive Arbeitsplätze. Mehrere Einrichtungen forschen im Raum Augsburg über Leichtbau, also Carbon. Zum Beispiel die Fraunhofer Gesellschaft und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

Das selbstironische Motto der Schwaben "In Europa kennt uns keine Sau" hat sich damit nicht nur im Fußball erledigt, seit sich der FC Augsburg in der Bundesliga etabliert hat, sondern auch im Wettbewerb mit anderen großen Städten. Wobei Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) betont: "Es geht mir um ein organisches Wachstum, nicht um Dynamik um jeden Preis. Das Ziel ist eine Stadt, der es gut geht. Eine Stadt mit hoher Lebensqualität und einer ausgewogenen Bürgergesellschaft."

Die Arbeitslosenquote in der Stadt liegt mit 5,7 Prozent zwar noch deutlich über dem bayerischen Durchschnitt von derzeit 3,8 Prozent. In den umliegenden Landkreisen Augsburg und Aichach-Friedberg, die große Unternehmen wie Amazon angelockt haben und gewissermaßen das Gewerbegebiet rund um die Stadt bilden, beträgt die Quote aber nur 2,8 beziehungsweise 2,7 Prozent. In der Region Augsburg herrscht damit beinahe Vollbeschäftigung, wobei es noch eine vergleichsweise große Zahl an Jobs im Niedriglohnsektor gibt.

Weniger Arbeitslose, gute Lebensqualität, steigende Mietpreise

Die insgesamt positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt wirkt sich auch auf die Stadt selbst aus, in der sich seit dem Jahr 2005 die Zahl der Arbeitslosen halbiert hat, auf derzeit rund 9000 Menschen ohne Job. Das ist bemerkenswert, denn 2009 stand der Bezirk Schwaben im Ranking des Instituts der deutschen Wirtschaft noch als die am schlimmsten von der Wirtschaftskrise betroffene Region auf den letzten Plätzen.

Der Wandel hin zu einem deutlich attraktiveren Image vollzieht sich rasant. Das Hauptargument gerade junger Familien für einen Umzug nach Augsburg sind neben dem hohen Freizeitwert an Wertach und Lech die noch immer vergleichsweise günstigen Mieten. Laut Münchner Mietspiegel werden in der Landeshauptstadt durchschnittlich 11,23 Euro für eine Wohnung je Quadratmeter im Monat verlangt. Auch in Augsburg sind die Preise in die Höhe geschossen - in den vergangenen fünf Jahren um 21 Prozent.

Der Quadratmeterpreis für eine Mietwohnung liegt im Schnitt aber dennoch bei moderaten 8,60 Euro. Für Altbauwohnungen mit einfachem Wohnwert werden gar nur 6,60 Euro aufgerufen. Das macht die Stadt gerade für Studenten interessant. Knapp 26 000 sind an der Universität oder Hochschule eingeschrieben, das ist fast ein Drittel mehr als noch 2008. WG-Zimmer sind um einiges günstiger als in München, die Wege in der Stadt sind kürzer, und die Cafés in der Altstadt laden zum Abhängen ein.

Einen weiteren Schub bekommt das studentische Leben demnächst mit der beschlossenen Aufwertung des Klinikums Augsburg zum Uniklinikum. Junge Universalmediziner sollen dort ausgebildet werden. Etwa 1000 hoch qualifizierte Stellen werden an der Medizinfakultät geschaffen. Aus Sicht der Industrie- und Handelskammer stärkt dies die Kaufkraft in der Stadt und der Region merklich.

Andererseits erhöht sich mit dieser Entwicklung auch weiter der Druck auf den Wohnungsmarkt. Die Stadt hält mit einem Masterplan für Wohnbau-Entwicklung dagegen. Seit 2008 sei fast der gesamte Bestand an städtischen Sozialwohnungen modernisiert worden, berichtet OB Gribl. "Diese Legislaturperiode sieht bis 2020 den Bau von rund 600 zusätzlichen Wohnungen vor, 160 davon sind bereits fertig." Zusätzlich werde die Stadt ein Konzept zur Wohnraummobilisierung auflegen, kündigt Gribl an.

Dass sich die Tourismuszahlen mit mehr als 700 000 Übernachtungen pro Jahr auf einem guten Niveau eingependelt haben, liegt am breiten kulturellen Angebot in Augsburg. Zurzeit läuft das Brecht-Festival mit einem engagierten Programm. Die Augsburger Puppenkiste, die vielen Museen und Ausstellungen und nicht zuletzt das Erbe der einst mächtigen Kaufmannsfamilie Fugger - die Fuggerei ist die älteste bestehende Sozialsiedlung der Welt - locken zudem Besucher. Im Reformationsjahr wandeln außerdem viele Touristen auf den Spuren Luthers.

Und womöglich kann sich die einstige Textilmetropole bald mit dem Titel "Weltkulturerbe" schmücken. Um die Anerkennung hat sich Augsburg mit seiner Wasserwirtschaft beworben, zu der die drei ältesten Wassertürme Deutschlands zählen.

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