Windkraft in Unterfranken:"Wegen der Vögel soll unser Projekt scheitern?"

Windkraftprojekt in Unterfranken

Windräder auf der Schwäbischen Alb: Es soll das größte genossenschaftlich organisierte Windkraftprojekt Bayerns werden. Doch das Projekt steht auf der Kippe.

(Foto: dpa)

Es soll eines der größten Windkraftprojekte Bayerns werden: 1,2 Millionen Euro haben sechs Gemeinden aus Unterfranken bereits investiert. Doch nun steht das Projekt vor dem Aus - wegen hoher Naturschutzauflagen.

Die Männer können es nicht fassen. "Wegen der Vögel soll unser Projekt scheitern?", ruft einer von ihnen. Sie sitzen im Rathaus der unterfränkischen Gemeinde Heustreu und hören dem Vorstand ihres genossenschaftlich organisierten Windkraftprojektes zu. Der versucht ihnen zu erklären, wie es so weit gekommen ist.

In den vergangenen drei Jahren gründeten Einwohner aus sechs Gemeinden im Landkreis Rhön-Grabfeld die Windparkgenossenschaft Streu & Saale. Insgesamt rund 1,2 Millionen Euro steckten 490 Bürger in das Projekt. Es sollte ein Windpark entstehen, von dem kein Großinvestor profitiert, sondern die Gemeinden.

Das Landratsamt genehmigte vor einigen Tagen 12 der 18 geplanten Anlagen - allerdings mit hohen Naturschutzauflagen. Ursprünglich sollte der Windpark 2014 fertig werden, doch das steht nun auf der Kippe. Denn so wie vom Landratsamt genehmigt, will die Genossenschaft nicht bauen.

"Diese Genehmigung hat uns maßlos enttäuscht", sagt Peter Schmidt, einer der Vorstände der Genossenschaft. Die Auflagen zum Naturschutz seien so hoch, dass ein wirtschaftlicher Betrieb nicht möglich sei. "Wir fühlen uns ungerecht behandelt", ergänzt Michael Diestel vom Projektierungsbüro Agrokraft, das mit der Planung betraut ist. "Wir sind ein sehr naturreicher Landkreis", erklärt der Leiter der Bau- und Umweltabteilung des Landratsamtes, Manfred Endres. Da sei man bei vielen Projekten schnell mit Fragen nach Natur- und Umweltschutz konfrontiert. Das Windkraftprojekt habe man genau geprüft und die Entscheidung nach geltenden Maßstäben getroffen. "Dass damit nicht alle einverstanden sind, liegt in der Natur der Sache."

Nun prüft die Windpark-Genossenschaft eine Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes vor dem Verwaltungsgericht Würzburg. Die Anforderungen, die das Landratsamt stelle, gingen weit über die des Landesamtes für Umwelt hinaus. Diestel glaubt, dass eine Klage Erfolg haben könnte. "Wenn es nicht zum Bau der Anlagen kommt, dann wären die 1,2 Millionen Euro der Bürger verloren", sagt er. Eine der Auflagen betrifft den Schutz der Wiesenweihe, eine Greifvogelart, die in der Region nistet.

Einnahmeausfälle von bis zu 1,2 Millionen Euro

Wenn in Zukunft auf der Fläche des Windparks ein Brutplatz gefunden wird, müssen alle Anlagen in einem Umkreis von 1000 Metern während der Brutzeit und bis die Vögel 54 Tage alt sind, von Sonnenaufgang bis -untergang abgeschaltet werden.

Nach einem Szenario der Genossenschaft könnte das bis zu acht Anlagen betreffen und Einnahmeausfälle von bis zu 1,2 Millionen Euro jährlich bedeuten.

Außerdem soll die Genossenschaft ein akustisches Monitoring machen, um zu prüfen, ob sich Fledermäuse auf der rund 700 Hektar großen Fläche aufhalten. Vier der Anlagen wurden abgelehnt, weil sie auf der Flugstrecke des Milan liegen, einer weiteren Greifvogelart. Die Wirtschaftlichkeit bleibe bei der Prüfung durch das Landratsamt außen vor, sagt Endres.

"Uns war der Genossenschaftsgedanke wichtig"

Es gehe vor allem um die Auswirkungen der Anlagen auf Natur und Umwelt und die Menschen in der Nachbarschaft. "Diese Raubvögel sind so groß wie Falken und äußerst selten", sagt Enders. "Es gibt nur noch 400 Brutpaare und bei uns im Landkreis ein gutes Dutzend." Die Vogelart brüte an wechselnden Plätzen, deshalb seien diese Auflagen üblich. Die Auflage zum Schutz der Fledermäuse sei im bayerischen Windkrafterlass festgeschrieben und müsse überall eingehalten werden.

Ludwig Geis aus Oberstreu ist trotzdem enttäuscht. "Uns war der Genossenschaftsgedanke wichtig." Wie viel Geld er investiert hat, weiß er nicht mehr so genau, aber darum gehe es ihm gar nicht so sehr. Als Vater habe er seinen zwei Kindern eine Zukunft in der Heimat bieten wollen. "Wir hätten unsere Dörfer attraktiver gestalten können. Aber wenn das so weitergeht, dann sind meine Kinder irgendwann in München."

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