Windkraft:Oerlenbach traut sich

Gemeinde genehmigt drei jeweils 200 Meter hohe Windräder

Von Christian Sebald

Das unterfränkische Oerlenbach schreibt Geschichte, genauer gesagt: Windkraft-Geschichte. Die 5000-Einwohner-Gemeinde an der A 71 ist eine der ersten Kommunen in Bayern, wenn nicht die erste überhaupt, die das Anti-Windkraft-Gesetz 10 H von Ministerpräsident Horst Seehofer dank einer Ausnahmeregelung unterlaufen. Vergangene Woche haben sie in Oerlenbach einen Bebauungsplan für drei jeweils 200 Meter hohe Windräder beschlossen. Eins ist nur 860 Meter von der nächsten Siedlung entfernt. Nach Seehofers 10 H-Vorgabe müsste der Abstand das Zehnfache seiner Höhe betragen - also zwei Kilometer. "Es ist toll, dass sich eine Gemeinde das Prozedere mit dem Bebauungsplan traut, gerade in Unterfranken, wo die Anti-Windrad-Bewegung ihren Ursprung hat", sagt der Grünen-Politiker Martin Stümpfig. "Hoffentlich folgen viele andere Kommunen dem Beispiel."

Der Oerlenbacher Bürgermeister Franz Kuhn will das Ganze so hoch nicht hängen. "Wir haben das Projekt vor drei Jahren angefangen", sagt er. "Da waren noch alle für den Ausbau der Windkraft." So auch in Oerlenbach, einer ruhigen, ländlichen Gemeinde. "Als wir die Pläne in den Bürgerversammlungen präsentiert haben, gab es überhaupt keine Widerstände", sagt Kuhn. Er glaubt auch, den Grund dafür zu kennen: "Es gibt keinen Neid unter den Nachbarn wegen der Pachteinnahmen." Denn die Flächen, auf denen die Anlagen aufgestellt werden, gehören der Gemeinde. "Die Einnahmen gehen also an die Gemeinde", sagt Kuhn, "alle Oerlenbacher profitieren davon, nicht nur einzelne." Außerdem leiste man einen Beitrag zur Energiewende.

Der ist gar nicht so ohne. Wenn die drei Windräder Ende 2016 in Betrieb gehen, werden sie 20 Millionen Kilowattstunden Windstrom im Jahr erzeugen. Das ist so viel, wie 6000 Haushalte verbrauchen. Geplant, gebaut und betrieben werden die Anlagen von der Energieallianz Bayern. Der Zusammenschluss von 37 kleinen Gemeinde- und Stadtwerken betreibt bereits drei Windparks. Überregional bekannt geworden ist die Energieallianz freilich durch ihre umstrittenen Pläne für ein Pumpspeicherkraftwerk auf dem oberbayerischen Jochberg. Von dem Projekt hat man aber schon lange nichts mehr gehört, es dürfte gestorben sein. Inzwischen konzentriert sich die Energieallianz wieder auf Planung, Bau und Betrieb von Windparks. "Aber nicht in Bayern", sagt Geschäftsführer Achim Thiel. "Denn es ist schon so, dass die 10- H-Vorgabe die Kommunen sehr abgeschreckt hat."

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