Wie Bayern schuldenfrei werden soll:Markus, der Abbaumeister

32,6 Milliarden Euro Staatsschulden hat Bayern - und bis 2030 sollen die komplett abgebaut sein. Keine leichte Aufgabe für Finanzminister Markus Söder, doch der CSU-Mann hat einen Plan. Mit dem wird er sich allerdings nicht nur Freunde machen.

Frank Müller

Knapp zwei Monate nach der ersten Ankündigung gibt es nun einen Plan, wie Bayern seinen Schuldenberg komplett abtragen könnte. Finanzminister Markus Söder (CSU) legte am Dienstag ein Paket von Maßnahmen vor, welche die 32,6 Milliarden Euro Staatsschulden bis zum Jahr 2030 auf null zurückfahren sollen.

Schuldenabbau-Grafik

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(Foto: SZ-Grafik, Michael Mainka)

Grundlage für das Paket sind zwar zu großen Teilen vage Hoffnungen, zum Beispiel auf eine erfolgreiche Klage gegen den Länderfinanzausgleich. Dennoch betonte Söder: "Wir haben keine Luftbuchungen gemacht." Der Plan bestehe vielmehr aus "sehr konservativen" Ansätzen, sagte der Minister mehrmals.

Ein Überraschungsmoment dabei: Der Staat soll sich künftig gesetzlich verpflichten, ein Prozent seiner Steuereinnahmen in die Tilgung zu stecken.

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte bei der Klausur der Landtagsfraktion im Januar Freunde und Gegner überrascht mit dem Versprechen, alle Schulden zu tilgen. Seitdem wurde in der Koalition, vor allem aber im Finanzministerium gerechnet.

Die Ergebnisse, die Söder nun vorlegte, laufen auf eine Dreiteilung der 32 Milliarden hinaus (siehe Grafik): ein gutes Drittel erbringt die Sanierung der Landesbank, ein weiteres die vom Freistaat angestrebte Reform des Länderfinanzausgleichs. Nur das letzte Drittel kann die Staatsregierung völlig aus eigener Kraft stemmen.

Dieses dritte Drittel besteht aus der von Söder bereits angekündigten Rückzahlung der ersten Milliarde im laufenden Jahr und "mindestens einer" Milliarde im kommenden Doppelhaushalt für 2013 und 2014. Von 2015 an will der Finanzminister dann zu dem neuen Instrument greifen: Ein Prozent der jährlichen Steuereinnahmen geht ohne weitere Debatte direkt in die Tilgung. Das entspräche derzeit einem Jahresbetrag von 300 bis 400 Millionen Euro.

Söder will das gesetzlich festschreiben bis zum Jahr 2020. Im Anschluss werde der Beitrag sinken, auf "bis zu ein Prozent", so Söder. Die Koppelung an die Einnahmen solle dafür sorgen, dass sich der Tilgungsplan an der Wirtschaftsentwicklung orientiert, sagte der Finanzminister: Die Ein-Prozent-Lösung habe "den Charme, dass sie konjunkturgerecht ist".

FDP-Finanzexperte Karsten Klein zufolge ist die exakte Höhe aber noch nicht festgezurrt. Am Freitag beschäftigt sich auch der sogenannten Koalitionsausschuss mit dem Thema, eine Runde aus Spitzenpolitikern von CSU und FDP.

Insgesamt rechnet Söder über die Jahre mit vier Milliarden Tilgungsvolumen aus diesem Bündel, dazu kommen Zinsersparnisse in den laufenden Haushalten durch die vorzeitige Tilgung. Die bezifferte Söder auf 5,7 Milliarden Euro, auch sie sollen in die Rückzahlung fließen.

Weniger direkten Einfluss hat die Staatsregierung auf die weiteren großen Brocken des Schuldenbergs. Alleine elf Milliarden Euro soll eine Reform des Länderfinanzausgleichs erbringen, die von Bayern immer vehementer angemahnt wird. Söder verwies auf die 3,7 Milliarden Euro, die der Freistaat gegenwärtig jährlich einbezahle. Aus dem Topf werden ärmere Bundesländer unterstützt.

Opposition: "Absichtserklärung ohne inhaltliche Substanz"

Der Freistaat hält den eigenen Anteil für zu hoch, das System sei außerdem nicht motivierend genug für Zahlungsempfänger. Söder sagte, bis zum Jahresende werde es Verhandlungen mit den anderen Bundesländern geben, am Ende könne eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht stehen, drohte der Finanzminister erneut: "Wenn nichts rauskommt, weiß ich jetzt schon, dass wir klagen."

In dem Tilgungskonzept ist der Finanzausgleich mit einer Milliarde Euro pro Jahr enthalten. Um diese Summe will Söder also die Zahlungen mindestens verringern und sie in den Schuldenabbau stecken. Auch dies sei "konservativ gerechnet", betonte der Finanzminister.

Als letzter großer Teil des Schuldenbergs bleibt dann noch das Thema Landesbank. Die Rettung des Instituts aus der Krise nach diversen Fehlspekulationen hatte die Verbindlichkeiten des Freistaats blitzartig um zehn Milliarden Euro nach oben getrieben.

Die sollen nun auch durch die Landesbank wieder erwirtschaftet werden, verlangt die Staatsregierung. Söder sagte, drei Milliarden aus dieser Finanzspritze könne die Bank selbst zurückführen.

Die restlichen sieben Milliarden will er aus Gewinnausschüttungen und am Ende durch den Verkauf der Bank erzielen. "Wir wollen auf jeden Fall verkaufen", sagte der Minister. Allerdings plant er dafür einen langen Zeitraum ein, nämlich ebenfalls bis 2030. Söder gestand zu, dass derzeit kein entsprechend hoher Erlös realistisch sei, dies werde sich aber auch wieder ändern.

Die Opposition kritisierte den Plan scharf. Es handele sich um eine "bloße Absichtserklärung ohne inhaltliche Substanz", sagte der Finanzsprecher der Landtags-SPD, Volkmar Halbleib: "Außer der vagen Hoffnung, dass sich die Zahlungen Bayerns im Länderfinanzausgleich verringern, ist nichts an Vorschlägen enthalten."

Die Grünen-Finanzexpertin Claudia Stamm sprach von "reinem Wunschdenken". Stamm: "Söder hat nur für die nächsten zwei Jahre einen konkreten Plan, der Rest ist am besten umschrieben mit auf Sicht fliegen." CSU-Fraktionschef Georg Schmid nannte den Rückzahlungsplan dagegen eine "europaweit einmalige Finanzpolitik".

FDP-Finanzexperte Klein verwies darauf, dass der Staat trotz Tilgung weiter 100 Millionen Euro jährlich in die Vorsorge für die Beamtenpensionen investiere: "Das haben wir gegenüber dem Koalitionspartner durchgesetzt."

Söder kündigte auch weitere Gespräche bei der von ihm angestoßenen Debatte um den innerbayerischen kommunalen Finanzausgleich an. Er werde neben den kommunalen Spitzenverbänden auch den Münchner OB Christian Ude zum Gespräch einladen.

Ude, zugleich SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, hatte Söder empört attackiert, weil der Finanzminister die staatlichen Schlüsselzuweisungen an München in Frage stellte. Dies, so Ude, sei ein "Angriff auf München".

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