Wettbewerb:Polnisch für Anfänger

In Nürnberg findet ein Theaterfestival der besonderen Art statt

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Um über das anstehende Theaterfestival "Talking about borders" zu informieren, hat das Nürnberger Staatstheater einen Bürobau nicht weit entfernt von Fürth ausgewählt. Das passt gut, die Grenze zwischen diesen beiden Städten ist zwar offen, gilt aber im höheren Sinn als vermintes Gelände. Grund für die Einladung dorthin dürfte allerdings mehr der Hauptsponsor des Festivals sein, der Datenverarbeiter Datev, der an der Fürther Straße in Blickweite vom Justizpalast ein neues Quartier in die Höhe gezogen hat. Aber egal, zum Thema Grenzen und Entgrenzung passt der Ort schon recht gut.

"Talking about borders" ist im Kern mehr internationaler Dramenwettbewerb als klassisches Festival. Der Text-Contest gilt seit zehn Jahren als einer der wichtigsten in Osteuropa, seit der letzten Spielzeit ist das Festival - hochgelobt - fest mit Nürnbergs Staatstheater verbunden. Dieses richtet den Wettbewerb aus und kümmert sich um die Uraufführung des Gewinnerstücks. Die Texte stammen immer aus einem anderen Land Osteuropas, diesmal ist Polen an der Reihe. Auch das passt gut, muss man sich doch nicht allzu sehr anstrengen, um die Beziehung Nürnbergs zu Polen eine besondere nennen: Mit Krakau pflegt die Stadt eine Partnerschaft, das Krakauer Haus in Nürnberg dürfte nicht nur der beliebteste Biergarten der Stadt sein, dort kümmern sie sich auch rührig um den polnisch-deutschen Kulturaustausch.

Festivalchef Christian Papke hat polnische Autoren um Texte gebeten, Regeln gab es keine. Nur die Bitte: "Sprecht über Grenzen und über das Lebensgefühl in Zeiten des Wandels." Aus fünf Dutzend eingereichten Dramen hat die Jury fünf Gewinnertexte ausgewählt, ohne Autor oder auch nur den Titel zu kennen. Bei der Präsentation hat das kuriose Nebeneffekte. Die Juroren lobpreisen ein Stück, am Ende verlesen sie eine Nummer. Ein Mann von der Datev trägt dann aus einer Liste den Namen des Autors vor, vielmehr er versucht, den Namen vorzutragen. Eine Rezensentin aus Polen muss ihm das ein ums andere Mal abnehmen, großes Gelächter. Bei fünf von drei Autoren ist der Jury-Fachmann für zeitgenössisches Theater in Polen, der Dramatiker Mateusz Pakula, schlicht überfragt: nie gehört, diesen Autor. Festivalchef Papke und Nürnbergs Schauspielchef Klaus Kusenberg strahlen: Ziel erreicht. Beim Festival sollen gerne diejenigen ein Podium bekommen, die kaum einer kennt. Der diesjährige Gewinner, die Nummer 53, entpuppt sich als Autorenduo. Das Stück von Jerzy Wójcicki und Mariusz Wiecek heißt "Life is loading", in Nürnberg wird es uraufgeführt.

Das Festival findet vom 23. bis 26. Juni am Staatstheater Nürnberg statt, zu sehen sind Theater und Kunst aus Polen. Das gesamte Programm findet sich unter www.staatstheater-nuernberg.de

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