Weiden:Methadon, Pi mal Daumen

Eigentlich muss die Einnahme von Methadon streng überwacht werden. Doch ein Arzt aus der Oberpfalz soll die Ersatzdroge einfach so verschrieben haben.

Max Hägler

Harte Ersatzdrogen, ohne Probleme erhältlich, auf bloße Anfrage beim Arzt - in Weiden in der Oberpfalz war dies offenbar möglich. Dort verhandelt das Landgericht seit Montag gegen einen Allgemeinarzt, der sich vor einigen Jahren auf die Therapie Heroinsüchtiger spezialisiert hat und bis zum Einschreiten der Aufsichtsbehörden im Sommer 2008 zu freigiebig mit der Ersatzdroge Methadon hantiert haben soll. Das Ziel des Arztes war nach Meinung der Anklagebehörde: möglichst viele Patienten und damit möglichst viele Einnahmen.

Methadon

Ersatzdroge Methadon.

(Foto: ddp)

Die Ausgabe von Methadon ist zentraler Bestandteil der sogenannten Substitutionstherapie und muss labormedizinisch streng überwacht werden. Eigentlich. Denn in Weiden sollen die meisten Patienten von Robert B. ihre Ersatzdroge auf bloße Nachfrage erhalten haben, das ist jedenfalls zusammengefasst einer der Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. 154 Substitutions-Patienten hatte Allgemeinarzt B., bevor das Geschäft aufflog.

Dutzende von ihnen wurden nach Meinung der Staatsanwaltschaft falsch behandelt und die Leistungen schließlich auch falsch abgerechnet - mit einem Schaden von 42.271 Euro für die Kassenärztliche Vereinigung. B. habe außerdem vielfach gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen: In den mehrstündigen Ausführungen war immer wieder die Rede davon, dass Patienten schon bei ihrem Erstbesuch in der Praxis eine Tagesdosis verabreicht bekommen hätten, "noch bevor das Ergebnis des Drogenscreenings bekannt war".

In einem solchen Test wird ermittelt, welche Dosen Heroin und gegebenenfalls anderer Rauschgifte im Körper des Patienten sind, um die Dosis der Ersatzdroge zu errechnen.

B. habe diese Untersuchungen oft erst mit Verzögerung angestellt und den Patienten schon vorher Methadon auf ihre eigene Einschätzung hin verabreicht. Vielen Patienten habe der Arzt bereits beim Erstbesuch entgegen der Bestimmungen Methadon für den Hausgebrauch mitgegeben, wobei manche seiner Patienten "ohne jede Therapieerfahrung" gewesen seien.

Offenbar gelangten die Ersatzdrogen dann auch in andere Hände. In Ostbayern fiel jedenfalls auf, dass zunehmend Heroinsüchtige nach Weiden pilgerten. Im April 2008 durchsuchten Polizei und Gesundheitsamt dann zum ersten Mal die Praxis und ermahnten Arzt B. zum ordnungsgemäßen Umgang mit dem Methadon. Danach habe sich allerdings wenig gebessert, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.

Darüber hinaus habe B. nach der Durchsuchung sogar begonnen, einen Großteil der Patienten "aus medizinisch nicht nachvollziehbaren Gründen hochzudosieren"; manche erhielten Tagesraten von 50 Milliliter Methadon. B. habe damit seinen Patientenstamm wieder erweitern wollen, der nach Beginn der Ermittlungsmaßnahmen erheblich geschrumpft sei, so der Vorwurf.

Im Zeitraum zwischen der ersten Durchsuchung und der Praxisschließung im Juli soll B. verbotenerweise und gewerbsmäßig an 29 Patienten gut 35 Liter Methadon ausgegeben haben. Mitunter scheint diese bereitwillige Medikamentenausgabe auch lebensgefährlich gewesen zu sein: Einem Patienten habe B. im Juni 2008 ohne Aufnahmeuntersuchung Methadon verabreicht.

Nach der zweiten Gabe habe er wegen einer Überdosis ins Klinikum eingeliefert werden müssen, führte die Staatsanwaltschaft aus. Dieser Mann habe beim nächsten Praxisbesuch entsprechend um eine niedrigere Dosierung gebeten - doch stattdessen habe B. die Dosis erhöht. Zu den Vorwürfen wollte sich der nicht mehr als Arzt tätige Angeklagte bislang nicht äußern. Ein Urteil wird Mitte Juli erwartet.

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