Wechsel aufs Gymnasium:Reifeprüfung für Eltern

Die Viertklässler in Bayern bekommen heute ihr Übertrittszeugnis. Doch auch wenn es mit der Empfehlung fürs Gymnasium klappt, ist die Auswahl des geeigneten Gymnasiums für das eigene Kind nicht einfach. Doch es gibt einige Punkte, an denen Eltern sich orientieren können.

Tina Baier

Wer heute im Übertrittszeugnis die Eignung fürs Gymnasium bescheinigt bekommt, kann sich in der Woche vom 7. bis zum 11. Mai an der Schule seiner Wahl einschreiben. Haupteinschreibe-Termin in München ist Mittwoch, der 9. Mai. Die Wahl des Gymnasiums ist eine sehr individuelle Entscheidung. Allgemeine Ratschläge zu geben, ist schwierig. Eine Schule, die für das eine Kind perfekt ist, passt für ein anderes überhaupt nicht. Doch es gibt einige Dinge, auf die es sich zu achten lohnt.

Sprachlich oder Mathematisch?

Grundsätzlich gibt es in Bayern Gymnasien mit sprachlicher, naturwissenschaftlich-technologischer, musischer sowie wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Ausrichtung. Die meisten Schulen bieten mehrere Zweige an. Oft muss man sich bei der Einschreibung noch nicht festlegen, sondern erst nach der siebten Klasse. Aber Vorsicht: Mit der Wahl der Fremdsprachen schließt man unter Umständen bestimmte Zweige aus. Zum Beispiel müssen Schüler im musischen Zweig Latein als erste oder zweite Fremdsprache lernen. Für Kinder, bei denen die Entscheidung schwerfällt, gibt es an vielen Schulen "Schnupperunterricht".

Latein oder Englisch?

Ist es besser, mit Latein anzufangen oder mit Englisch? Diese Entscheidung ist oft stark von den Erfahrungen abhängig, welche die Eltern mit der einen oder anderen Fremdsprache gemacht haben. Tatsache ist, dass mehr Schüler wegen Latein durchfallen als wegen Englisch. Für Kinder, bei denen nicht ganz sicher ist, ob sie auf dem Gymnasium bleiben, ist es nicht empfehlenswert, mit Latein anzufangen, da diese Sprache auf der Realschule und der Mittelschule nicht unterrichtet wird. Grundsätzlich sind drei moderne Fremdsprachen eher etwas für sprachbegabte Schüler, denen es leichtfällt, auch in einer fremden Sprache drauflos zu reden. Latein ist vielleicht besser geeignet für analytisch denkende Schüler, die ihre Stärke eher im Schriftlichen als im Mündlichen haben. Latein gilt vielen als gute Grundlage, andere romanische Sprachen zu lernen. Befürworter verweisen auch darauf, dass sich Lateinschüler später leichter tun mit dem fachwissenschaftlichen Wortschatz etwa in Medizin oder Jura. Und schließlich sind Lateinkenntnisse nach wie vor Voraussetzung für bestimmte Studiengänge.

Griechisch und elitär?

Die humanistischen Gymnasien, in denen Latein und Griechisch gelehrt wird, sind eine Sonderform der sprachlichen Gymnasien. Humanistische Gymnasien haben oft eine lange Tradition. Das gilt auch für die Familien, die ihre Kinder dorthin schicken. Oft haben schon der Vater und der Opa in derselben Schule Latein und Griechisch gelernt. Manche dieser Schulen haben einen etwas elitären Touch. Bei der humanistischen Ausbildung geht es um mehr, als nur Latein und Griechisch zu lernen: Vermittelt wird auch der altsprachliche Hintergrund, also etwa Kenntnisse in Philosophie.

Freundlich oder zugeknöpft?

Wie das Klima an einer Schule ist, lässt sich nicht einfach herausfinden. Ein wichtiger Hinweis ist die Art des Umgangs zwischen Schülern, Lehrern und Eltern. Wie einfach oder schwierig ist es beispielsweise, an den Schulleiter heranzukommen? Ist es ein Haus der offenen oder doch eher der geschlossenen Türen? Um ein Gefühl für das Klima zu bekommen, ist es hilfreich, den Tag der offenen Tür zu besuchen und dort mit möglichst vielen Lehrern ins Gespräch zu kommen. Am aussagekräftigsten ist es aber, mit Eltern oder Schülern zu sprechen, die die Schule seit vielen Jahren kennen. Aber Achtung: Das Schulklima kann sich auch schnell ändern, beispielsweise nach einem Wechsel der Schulleitung.

Rausdrängen oder auffangen?

Ein wichtiger Hinweis ist auch die Art und Weise, wie ein Gymnasium mit Schülern umgeht, die - etwa in der Pubertät - einen Durchhänger und schulische Probleme haben. Werden solche Schüler eher hinausgedrängt nach dem Motto "Dann gehörst du eben nicht hierher"? Oder gibt es zusätzliche Angebote, um sie aufzufangen?

Groß oder klein?

In kleinen Gymnasien geht es in der Regel familiärer zu; große Schulen haben den Vorteil, dass das Angebot etwa an Wahlfächern breiter ist. Unabhängig davon ist es sehr stark typabhängig, wo sich ein Schüler wohlfühlt. Es gibt Kinder, die sich in sehr großen Gymnasien zumindest am Anfang verloren vorkommen. Anderen wird eine sehr behütete Atmosphäre schnell zu eng.

Konzentriert oder vielfältig?

Aufschlussreich kann auch ein Blick darauf sein, wie eine Schule Intensivierungsstunden nutzt, über die sie frei verfügen kann. Werden Klassen in dieser Zeit aufgeteilt und in kleineren Gruppen unterrichtet? Oder kommt es der Schule eher darauf an, zusätzliche Wahlfächer anzubieten? Jede Familie muss selbst entscheiden, was ihr wichtiger ist.

Frontal oder frei?

Setzt die Schule hauptsächlich auf klassischen Frontalunterricht oder ist es eine Schule, an der auch andere Unterrichtsformen wie Freiarbeit selbstverständlich sind? Einen ersten Hinweis kann ein Blick auf die Sitzordnung in den Klassenzimmern geben. Stehen Stühle und Bänke überall streng in Reih und Glied oder gibt es auch andere Sitzordnungen?

Kiosk oder Mensa?

Nicht ganz unwichtig im achtstufigen Gymnasium, in dem die Jungen und Mädchen viel Nachmittagsunterricht haben, auch wenn sie offiziell keine Ganztagsschüler sind: Gibt es eine Mensa, die ein gutes, warmes Mittagessen anbietet? Oder beschränkt sich das Mittagsangebot wahlweise auf Leberkässemmel und Tiefkühlpizza am hoffnungslos überlaufenen Schulkiosk?

Allein oder zusammen?

Angehende Fünftklässler sind alt genug, um mitzuentscheiden. Schließlich ist es das Kind, das jeden Tag in diese Schule gehen muss, und nicht die Eltern. Deshalb sollte ihre Meinung zählen.

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