Wasserkraftwerke:Rinnsal statt Rauschebach

Fisch des Jahres 2011 - Die Äsche

Äschen lieben sauberes und sauerstoffreiches Wasser. Besonders mögen sie es in der voralpinen Isar.

(Foto: Andreas Hartl/dpa)
  • Ein Viertel der Betreiber von Wasserkraftwerken leitet deutlich mehr Wasser in die Turbinen, als erlaubt ist. Das hat eine Untersuchung des Umweltministeriums ergeben.
  • Die Kraftwerksbetreiber wehren sich gegen die Vorwürfe.

Von Christian Sebald

Fischer überall in Bayern prangen seit Jahren an, dass viele Flüsse und Bäche in Bayern viel zu wenig Wasser führen und deshalb die Fische und anderen Wasserlebewesen leiden. Jetzt sind die Missstände amtlich. Nach einer Untersuchung des Umweltministeriums leiten ein Viertel der Betreiber von Wasserkraftwerken deutlich mehr Wasser in ihre Turbinen, als sie dürfen. 13 Prozent sogar so viel, dass sie dafür bestraft werden könnten. "Lange wollte uns keiner glauben", sagt Albert Göttle, der Präsident des Landesfischereiverbands. "Aber jetzt haben sich unsere Vorwürfe eindrucksvoll bestätigt." Die Fischer verlangen, dass das Umweltministerium seine Kontrollen weiter verschärft. "Die Kraftwerksbetreiber werden die Vorgaben nur beachten, wenn Druck gemacht wird", sagt Göttle. "Es geht schließlich um den guten Zustand unserer Gewässer."

Die Ergebnisse sind deshalb so brisant, weil sie etwa drei Viertel der Anlagen in Bayern betreffen - kleine ebenso wie große. Von den 4250 Wasserkraftwerken hier sind 3100 sogenannte Ausleitungskraftwerke. Das heißt, dass an einem Wehr Wasser aus dem jeweiligen Fluss oder Bach entnommen und über einen Kanal oder Rohre zu den Anlagen gelenkt wird. Nachdem das Wasser dort über die Turbinen gelaufen ist, wird es wieder zurück in den Fluss geleitet.

Angekündigte Kontrollen

Ein bekanntes Beispiel für solche Anlagen sind die fünf Isar-Kraftwerke direkt im Münchner Süden. Für sie wurde von Ende des 19. Jahrhunderts an der sogenannte Isar-Werkkanal errichtet. Oberhalb des Wehrs nahe der Ortschaft Buchenhain, wo er abzweigt, ist die Isar ein Wildfluss, dessen grüne Fluten den Georgenstein umtosen und Jahr für Jahr neue Kiesbänke auftürmen. Unterhalb ist sie - vor allem im Sommer - oft ein dünnes, nicht einmal knietiefes Rinnsal. Die Einhaltung der sogenannten Restwassermenge ist die Mindestvoraussetzung für das Überleben von heimischen Fischarten wie der Flussforelle und der Äschen.

Die Fischer hatten schon vor zwei Jahren überprüft, wie es die Kraftwerksbetreiber mit dem Restwasser halten. Die Ergebnisse ihrer Stichprobenkontrolle waren noch sehr viel alarmierender: Die Hälfte der Anlageninhaber missachtete demnach die Vorgaben. Dass das Umweltministerium jetzt nur halb so viele Verstöße zutage förderte, liegt für Göttle hauptsächlich daran, dass die Behörden ihre Überprüfungen angekündigt hatten. "Die schwarzen Schafe konnten so noch rechtzeitig reagieren", sagt er. Dies kritisiert auch der SPD-Umweltpolitiker Harry Scheuenstuhl: "Mit seinen angekündigten Kontrollen hat das Ministerium Umweltsünder belohnt."

Die Kraftwerksbetreiber wehren sich gegen die Vorwürfe. "Unsere Mitglieder nehmen die Vorgaben sehr ernst und halten sie, soweit möglich, stets ein", sagt Detlef Fischer vom Verband der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft. Es helfe nicht weiter, alle Anlagenbetreiber unter Generalverdacht zu stellen. Aber wenn Vorgaben tatsächlich missachtet würden, dürfe das nicht toleriert werden. Das Umweltministerium setzt die Sonderkontrollen zumindest 2015 fort. Ein Sprecher kündigte auch an, dass Verstöße verstärkt geahndet würden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: