Waldfeste:Mit dem Partybus zum Tegernsee

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Am kommenden Wochenende findet das erste Waldfest der Saison in Kreuth statt. Hier ein Bild aus dem Jahr 2013. (Foto: Tegernseer Stimme/oh)

Urige Stimmung, günstiges Bier: Wenn am Wochenende die Waldfestsaison im Tegernseer Tal beginnt, reisen Hunderte Besucher aus München an - mit dem Bus. Polizei und Veranstalter sehen den Partytourismus inzwischen kritisch.

Von Christopher Horn, München

Eine Lichtung am Hang unterhalb des Ostiner Ödbergs im Tegernseer Tal, 25 Grad, Sonne, das letzte Waldfest der Saison. Ab drei Uhr nachmittags strömt ein schier unendlicher Lederhosen- und Dirndlzug auf das Festgelände. Ein freier Sitzplatz ? Keine Chance. Stattdessen: dichtes Gedränge, lange Schlangen. "Wir sind fast erdrückt worden", erinnert sich Georg Reisberger.

Seit Jahrzehnten veranstaltet er das Ostiner Waldfest, aber so etwas wie an jenem 10. August 2013 hat er noch nicht erlebt. Am Ende machten sich viele betrunkene Besucher über die ungesicherte Hauptstraße auf den Heimweg, versuchten Autos anzuhalten, darunter auch Polizei- und Notarztwagen.

Am kommenden Wochenende geht es wieder los mit den Waldfesten. Sie haben sich inzwischen zu Massenveranstaltungen entwickelt, manche sprechen von Partytourismus. Es hat sich längst herumgesprochen, dass es im Tegernseer Tal noch uriger zugeht als etwa auf dem Oktoberfest. Und billiger ist es auch: Die Maß kostet hier 6,20 bis 6,50 Euro, das Hendl ab 5 Euro.

In der rollenden Disco von München ins Tal

Gerade aus München kommen deshalb immer mehr Menschen zum Feiern an den Tegernsee - etwa in Partybussen. Eine Bar aus Gräfelfing bei München zum Beispiel wirbt auf seiner Facebook-Seite mit einer Tour zum Lori-Feichta in Rottach-Egern. 80 Menschen in einer rollenden Disco, Bar und DJ inklusive. Auch bei Firmen und Studentenverbindungen steht ein Ausflug aufs Waldfest hoch im Kurs. Eine Münchner Anwaltskanzlei lädt die Belegschaft Jahr für Jahr aufs Ostiner Waldfest ein.

Bei schönem Wetter drängeln sich bis zu 5000 Besucher auf den diversen Festgeländen. Max Breunig, Veranstalter eines Kreuther Waldfestes, versteht, dass viele Münchner zum Feiern an den Tegernsee kommen, "ich würde an ihrer Stelle auch raus fahren." Zugleich hofft er, "dass wir nicht überrannt werden".

Paul Knott, Hauptkommissar der zuständigen Polizeiinspektion in Bad Wiessee, sieht die Entwicklung kritisch: "Die Veranstaltung in Ostin sprengt langsam die Ausmaße eines Waldfestes. In dem Moment, wo hier Reisebusse aus München ankommen, wird es für uns schwer kontrollierbar." Die Polizei hat für einzelne Waldfeste bereits Verstärkung aus Rosenheim angefordert.

In Ostin, wo wieder besonders viele Münchner erwartet werden, soll das Festgelände etwas größer und die Durchgänge breiter werden. Mehr Sitzplätze wird es aber nicht geben. Die Busse aus München sollen nicht mehr bis vor den Eingang fahren dürfen, man werde sie "früher abfangen", sagt Georg Reisberger. Viele Einheimische wünschen sich indes die früheren Zeiten zurück, als Waldfeste für Auswärtige noch ein Geheimtipp waren.

Die Vereine sind auf die Partytouristen angewiesen

Doch das ist nicht im Sinne der Veranstalter. Sie wollen die Gäste aus München auf keinen Fall vergraulen. "Wir werden niemanden wieder nach Hause schicken", sagt Reisberger. Diese Meinung teilt auch der Kreuther Max Breunig. Denn bei aller Kritik an den Menschenmassen aus der Stadt sind die Vereine auf die Einnahmen angewiesen. Über 90 Prozent ihrer Einkünfte generieren sie an einem Wochenende.

Wie wichtig die Besucher aus München für die Veranstalter sind, zeigt das Beispiel des Waldfestes des TSV Bad Wiessee. Das findet meist am selben Wochenende wie eines der andern großen Feste statt. Also hält sich der Andrang der Einheimischen in Grenzen. Um dennoch eine gewisse Planungssicherheit zu haben, führt der TSV Bad Wiessee in diesem Jahr erstmals Reservierungen ein. So kann man pro Tag 20 Prozent der verfügbaren Plätze schon vorher buchen, für 15 Euro. Darin enthalten sind der Eintritt, ein Getränk und etwas zu essen. Mit dem Angebot wollen die Verantwortlichen gezielt größere Gruppen ansprechen, etwa aus München.

© SZ vom 16.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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