Wahlkampfauftritt in Kulmbach:Die CSU-Basis hat Guttenberg verziehen

Former German Defense Minister Karl-Theodor zu Guttenberg waves during a CSU election campaign in Kulmbach

Karl-Theodor zu Guttenberg macht Wahlkampf für die CSU.

(Foto: REUTERS)
  • Karl-Theodor zu Guttenberg ist aus den USA angereist, um vor 1200 Menschen in Kulmbach Wahlkampf für die CSU zu machen.
  • Anfangs gibt sich der frühere Verteidigungsminister in Sachen Plagiatsaffäre reumütig, findet dann aber: "Jetzt ist auch mal irgendwann gut."
  • Er kritisiert SPD-Altkanzler Gerhard Schröder auch für sein Engagement beim russischen Ölkonzern Rosneft.

Er ist wieder da. Vor etwa sechs Jahren ist der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg über eine in Teilen abgeschriebene Doktorarbeit gestürzt und danach in Deutschland von der Bildfläche verschwunden. Nun ist der 45-Jährige aus den USA angereist, um Wahlkampf für die CSU zu machen. Erste Station: seine Heimat Kulmbach in Oberfranken. Der Stammsitz seiner Adelsfamilie ist nur ein paar Kilometer entfernt.

Zunächst zeigt er sich reumütig: "Ich habe alle Konsequenzen ertragen", sagt Guttenberg. "Aber ich darf auch nach so langer Zeit für mich sagen: Jetzt ist auch mal irgendwann gut." Applaus brandet auf, die rund 1200 Gäste in der vollbesetzten Halle sind am Mittwochabend begeistert.

Die Basis trägt ihm seinen aberkannten Doktortitel offenbar nicht mehr nach. "Ich war damals schon enttäuscht, dass er so lange nicht die Wahrheit gesagt hat. Doch jetzt haben wir ihm längst verziehen", sagt etwa Monika Schiller, die in der ersten Reihe unter dem Rednerpult steht. Ein 17-jähriger Zuhörer sieht Guttenberg gar als Opfer der Plagiatsaffäre. "Ich bin vor allem hier, weil man ja damals ganz fürchterlich unfair mit ihm umgegangen ist", sagt Helmut Gunreben. Schon am Eingang war Guttenberg mit Willkommensschildern begrüßt worden: "Welcome in Bavaria Karl Theodor". Und auf der Rückseite: "KT für Bayern und Berlin" - ein klares Statement für einen politischen Neuanfang.

Auf die abgekupferte Dissertation, die seine steile Karriere in der Politik 2011 abrupt unterbrach, geht Guttenberg nicht direkt ein. Er spricht aber von einem "absolut selbst verursachten" Fehler und von "Spott und Häme", die er abbekommen habe. Doch genug der Buße. Er kokettiert nun mit dem Thema: Er stehe bewusst vor und nicht hinter dem Rednerpult, sagt Guttenberg betont lässig. Er wolle nicht Gefahr laufen, eine "abgeschriebene Rede" vorzutragen. Wieder lautstarker Jubel.

Eine Stunde und 20 Minuten redet Guttenberg überwiegend über Außen- und Sicherheitspolitik. Über US-Präsident Donald Trump zum Beispiel. Er wirbt um weiterhin gute Beziehungen zu den USA: "Nicht ganz Amerika besteht aus blonden Wüterichen." Deutschland dürfe nicht mit "Klugscheißerei und Besserwisserei" über den Atlantik blicken.

Türkei, Nordkorea, Flüchtlingskrise, Europa - Guttenberg spricht mal ernsthaft, mal witzelt er. Das geschäftliche Engagement von SPD-Altkanzler Gerhard Schröder in Russland kritisiert er, Schröder ist für ihn "Gazprom-Gerd". Kanzlerin Angela Merkel (CDU) lobt er - und ist ganz der Wahlkämpfer für die Union: "Das Land ist bei ihr in den besten Händen." Und er witzelt: "Alte Liebe Rosneft nicht."

Guttenberg weiß, was die Leute hören wollen

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz ist für Guttenberg lediglich "der Mann aus Würselen". Seine Sprüche haben teils Bierzelt-Niveau, etwa wenn er zum Thema Leitkultur sagt, dass der Sankt-Martins-Umzug kein Lichterfest sei und der Christkindlesmarkt kein Winterfest. Klar, das wollen viele Menschen aus dem ländlich geprägten Oberfranken genau so hören. Ernst wird er, wenn er Leidenschaft für Europa einfordert und sagt, trotz des Flüchtlings-Abkommens mit der Türkei dürfe man nicht erpressbar werden.

Im lässigen Sakko und offenem weißen Hemdkragen weiß Guttenberg mit gewohntem Grinsen genau, was die Menschen hier erwarten: "Meine Heimat war, ist und wird immer dieses Oberfranken sein." Und für die vielen Kameras gibt es am Ende eine Umarmung mit Ehefrau Stephanie. Es ist fast so wie früher, als die beiden als Glamour-Paar der deutschen Politik galten.

Aber wie steht es jetzt nun um die Comeback-Chancen für den einstigen Polit-Star? CSU-Chef Horst Seehofer macht keinen Hehl daraus, dass er sich eine Rückkehr von Guttenberg wünscht - und zwar nicht nur als Wahlkämpfer, wie nun in den kommenden Wochen auf einer Reihe von Terminen im Freistaat. Doch an welcher Stelle er "KT" sieht, darüber schweigt sich Seehofer aus. Nicht wenige in der Partei sehen in Guttenberg eine wichtige strategische Figur, mit der Seehofer die Machtambitionen von Finanzminister Markus Söder im Land wie in der Partei ausbremsen könnte.

Er sei als "engagierter Bürger" hier, lässt Guttenberg lediglich wissen. Am Wahltermin am 24. September werde er schon wieder in den USA sein. Dort habe er sich ein neues Leben aufgebaut. Zum Abschied ruft er noch: "Gottes Segen und auf Wiedersehen."

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