Wahlkampf:CDU widerspricht Seehofer bei PKW-Maut

CSU Vorstandssitzung

Voilà, es ist Wahlkampf: CSU-Chef Seehofer fordert eine PKW-Maut für Ausländer.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Voilà, es ist Wahlkampf! CSU-Chef Horst Seehofer knüpft seine Koalitionsaussage an eine PKW-Maut für Autofahrer aus dem Ausland. Er erntet dafür erwartungsgemäß wütenden Widerspruch - auch aus der Union.

Von Hannah Beitzer und Oliver Das Gupta

Es gibt wahrlich große Themen in diesem Wahlkampf. Themen, die großen Einfluss haben darauf, wie sich Deutschland in den kommenden Jahren entwickeln wird: Wie geht es weiter mit dem Euro, mit Europa? Bekommen wir die Energiewende hin? Wie sollen Lasten und Pflichten in der Gesellschaft verteilt werden?

Doch es ist keines dieser Themen, das Horst Seehofer am meisten umzutreiben scheint. Er knüpft stattdessen seine Unterschrift unter einen möglichen Koalitionsvertrag an eine eher kleinteilige Forderung: Der bayerische Ministerpräsident will eine PKW-Maut auf deutschen Straßen, die nur Ausländer belasten soll.

"Ich unterschreibe als CSU-Vorsitzender nach der Bundestagswahl keinen Koalitionsvertrag, in dem die Einführung der Pkw-Maut für ausländische Autofahrer nicht drin steht", sagte er der Bild am Sonntag. Und wie es sich im Wahlkampf gehört, lässt die Kritik nicht lange auf sich warten.

Denn: Außer der CSU will niemand eine solche Maut. Die CDU nicht, die FDP ganz und gar nicht. Und die Opposition erst recht nicht. So ist es auch diesmal. Kaum hat Seehofer seine krachlederne Forderung erhoben, erntet er Widerspruch. "In einem Koalitionsvertrag wird das stehen, auf was sich CDU und CSU verständigt haben. Die Maut gehört nicht dazu", sagt etwa CDU-Vize Armin Laschet der Welt. "Die Autofahrer sind heute schon die Melkkuh der Nation. Sie zahlen an Mineral- und Kfz-Steuer mehr als der Staat für Infrastruktur einsetzt."

Der Koalitionspartner zieht nicht mit

"Es bleibt dabei, eine Maut für Pkw wird nicht kommen", springt der CDU-Verkehrspolitiker Gero Storjohann seinem Partei-Vize gegenüber der SZ zur Seite. "Das betrachte ich nur als Wahlkampfgetöse und nicht als seriösen Vorschlag", fügt der Bundestagsabgeordnete hinzu.

Auch bei der FDP, mit der die CSU im Bund und Bayern weiter regieren will, perlt Seehofers Forderung ab. Zwar sind sich die Koalitionäre einig, dass Schiene, Straßen und Wasserstraßen mehr Finanzmittel benötigten, doch "die PKW-Maut ist hier sicherlich der falsche und ungerechte Weg", sagt Sebastian Körber, der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Körber warnt vor weiteren Belastungen und verweist darauf, dass durch KFZ-Steuer, Benzinpreis und andere Abgaben der Staat bereits 53 Milliarden Euro pro Jahr einnimmt,

"Eine nationale Abgabe, die einerseits alle EU-Bürger beträfe, andererseits aber alle Inländer ausnähme, geht europarechtlich nicht", sagt auch der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Link, der SZ. Hier gelte der Grundsatz: "Alle oder keiner." Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Oliver Luksic, ergänzt: "Als Nächstes kommt die Maut für alle Nicht-Bayern."

"Am Ende wird die CSU die Pendler schröpfen", schimpft Florian Pronold. Der bayerische SPD-Chef und Schatten-Verkehrsminister im Team von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wirft dem CSU-Chef vor, die Bürger zu täuschen. "Seehofer betreibt Volksverdummung", sagt Pronold zu Süddeutsche.de. Nirgends in Europa gebe es eine Straßenmaut, die nur Ausländer zahlten, das verbiete das Europarecht.

Altes Lieblingsthema

Neu ist Seehofers Idee beileibe nicht - ebenso wenig die Aufregung darum: Aus der CSU kommt sie in regelmäßigen Abständen. Dass die EU eine exklusive Schonung deutscher Autofahrer akzeptieren könnte, wird selbst von Unionspolitikern bezweifelt. Doch Seehofer stört das nicht: Notfalls, so polterte er zuletzt im Juni, müsse eben das EU-Recht geändert werden.

Klar, das ist alles Wahlkampf. In einem Monat ist Landtagswahl im Freistaat, in fünf Wochen Bundestagswahl. Dass in Bayern bis Anfang September Schulferien sind und ein Gros der Wähler ohnehin in Österreich, Italien und der Schweiz für die Autobahnen blechen, ergo für das Thema derzeit besonders sensibilisiert sind, dürfte Seehofer bedacht haben.

Anders als Seehofer hatte sich sein Parteifreund und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer zuletzt betont zurückhaltend zur Frage nach einer solchen Maut geäußert. Auf die Frage, ob die CSU einen Koalitionsvertrag ohne Maut-Zusage unterschreibe, antwortete Ramsauer der Bild-Zeitung unlängst nur schwammig. Ziel sei es, den Geldbedarf für Verkehrswege "auch mit einer Maut zu lösen", gleichzeitig die Autofahrer an anderer Stelle zu entlasten. Wo der Minister ansetzen will, blieb unklar.

Auf jeden Fall vermied er es, das Wahlkampf-Thema hochzujazzen. Das hat nun sein Parteichef getan.

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