Wahl-Team von Christian Ude:Minister in Wartestellung

Christian Ude hat die wohl wichtigste offene Flanke seiner Partei geschlossen - mit einer überraschenden Neubesetzung: Er holt den Ex-Audi-Personalvorstand Werner Widuckel als Wirtschaftsexperten in sein Wahlkampfteam.

Frank Müller, Kulmbach

Am Dienstag berief SPD-Spitzenkandidat Christian Ude den Ex-Audi-Personalvorstand Werner Widuckel zum Wirtschaftsexperten in seinem Wahlkampfteam.

Ude holt sich ehemaligen Audi-Vorstand als Berater

Neuer Berater für Ude: Ex-Audi-Personalvorstand Werner Widuckel.

(Foto: dpa)

Widuckel, der bis zum Jahr 2010 im Vorstand des Ingolstädter Konzerns saß, gilt damit als gesetzter Wirtschaftsminister in einem möglichen Kabinett Ude nach der Wahl im September 2013 - auch wenn Ude dies bei der Klausur der Landtags-SPD im oberfränkischen Kulmbach nicht offen ankündigte. "Das Wort Schattenkabinett kommt mir nicht über die Lippen", sagte Ude. "Ich habe keine Posten zu vergeben, sondern ausschließlich Arbeitsaufträge."

Ude zeigte sich erleichtert und hocherfreut, dass es gelungen war, Widuckel in sein Team zu holen. Er habe versucht, einen Wirtschaftsprofi mit wissenschaftlichem Hintergrund und Verankerung in der SPD zu finden. Ude: "Die Quadratur des Kreises ist gelungen." Der 53-Jährige aus Salzgitter hatte sein ganzes Berufsleben bis 2010 im VW-Konzern verbracht, zunächst als Koordinator des Betriebsrats in Wolfsburg, dann als Leiter der Personalpolitik bei Audi und seit 2005 als Personalvorstand in Ingolstadt.

Den Posten gab er 2010 überraschend auf nach Auseinandersetzungen mit der Konzernmutter in Wolfsburg. Seitdem lehrt er an der Uni Erlangen-Nürnberg Personalmanagement und Arbeitsorganisation. Zudem ist er seit 1974 SPD-Mitglied und hatte für die Partei in Wolfsburg mehr als ein Jahrzehnt lang verschiedene regionale Posten inne.

Bei der Wahl 2013 kandidiert er im Stimmkreis Eichstätt für den Landtag. "Als Quereinsteiger würde ich mich nicht bezeichnen", sagte er bei seiner Vorstellung in Kulmbach. Er sei "jemand, für den Sozialdemokratie eine Lebenseinstellung ist".

Widuckel ging umgehend in die Offensive und griff die Wirtschaftspolitik der Staatsregierung, aber auch Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und seinen Vize, Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP), direkt an. Seehofer geriere sich in Bayern als "Chefoppositioneller" der Berliner Koalition und trage dort doch alle Entscheidungen mit, sagte er. Über Zeil äußerte er sich abschätzig unter Verweis auf seine eigenen Erfahrungen in der Unternehmenspraxis. "Die hat in dieser Form nicht jeder - das wäre schon mal der erste Unterschied zu Herrn Zeil." Er sei aber "kein Freund von Gemeinheiten", sagte Widuckel. "Wenn ein CSU-Politiker sagt, zwei mal zwei ist vier, ist das trotzdem richtig."

Widuckel, Ude und der Wirtschaftssprecher der Fraktion, Thomas Beyer, bemühten sich auch nach Kräften, das bislang häufig als unklar kritisierte Wirtschafts-Profil der SPD zu schärfen. Zwar sei die Ausgangsbasis im Freistaat gut, die Regierung schade aber durch einseitige Politik den ohnehin benachteiligten Regionen Bayerns, hieß es. Widuckel sagte, die Staatsregierung setze vorwiegend auf Leuchtturmprojekte, also auf herausragende Einzelvorhaben. Das sei aber "zu schmalspurig und auch zu wenig strategisch" gedacht.

Die Politik müsse stärker das ganze Land in den Blick nehmen. "Wir werden umstellen von der CSU-Politik der Schaffung von einzelnen Leuchttürmen, die zu viele dunkle Ecken übrig lassen, hin zu einer Politik vieler Lichterketten auf ganz Bayern verteilt", heißt es in einem Fraktionspapier. Gleichzeitig müsste stärker daran gearbeitet werden, Arbeitsplätze und Familie zu vereinen und auf die Interessen von älter werdenden Arbeitnehmern einzugehen, sagte Widuckel. Versäumnisse warf er der Seehofer-Regierung auch bei der Energiewende und der Elektromobilität vor. Der Staat müsse in der Wirtschaftspolitik eine aktivere Rolle spielen. Dabei müssten auch breitere Debatten gesucht werden, dazu soll es neue Dialogforen geben.

Die Wirtschaftspolitik hatte Ude schon seit Übernahme der Kandidatur vor einem Jahr als besonders wichtige Baustelle im Blick. Ude verwahrte sich gegen Vorwürfe, die SPD neige in der Wirtschaftspolitik zur "Gängelung oder zum Peitschenschwingen". Niemand habe "die Wirtschaft derart am Nasenring herumgeführt wie die schwarz-gelben Regierungen im Bund und in den Ländern", sagte Ude unter Anspielung auf die Kurswechsel bei der Energiepolitik. Die Arbeit bei der Klausur bezeichnete Ude als "wirklich beflügelnd und beglückend". Die Stimmung in der SPD sei nach wie vor "unglaublich", sagte Ude.

Für den bislang als Wortführer in der Wirtschaftspolitik agierenden Fraktionsexperten Beyer könnte die Berufung Widuckels als Dämpfer interpretiert werden. Beyer sagte aber, er habe "kein Problem". Mit Ude sei eine Zusammenarbeit der beiden auf Augenhöhe vereinbart. Unter Anspielung auf den früheren Arbeitgeber Audi witzelte Beyer, nun gelte das Prinzip BmW: "Beyer mit Widuckel."

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