Vorwürfe gegen Rosenheimer Polizeichef:"Ich bekam keine Luft mehr"

Der Rosenheimer Polizeichef soll einen 15 Jahre alten Jungen brutal zusammengeschlagen haben. Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass Anschuldigungen gegen Rudolf M. erhoben werden. AZ-Reporter Michael Backmund wirft ihm vor, ihn bei der Sicherheitskonferenz 2004 in München angegriffen zu haben. Backmund hat nun die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt.

Marlene Weiss

Der Rosenheimer Polizeichef Rudolf M., dem Misshandlung eines 15-Jährigen vorgeworfen wird, soll schon bei der Sicherheitskonferenz 2004 in München den AZ-Reporter Michael Backmund angegriffen haben. Der hat jetzt die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt.

Wie kam es zu dem Zwischenfall?

Für die Journalistengewerkschaft DJU habe ich eine Demonstration gegen die Konferenz begleitet. Etwa 40 Demonstranten hatten versucht, auf der Straße eine Sitz- und Stehblockade zu machen, wurden aber von der Polizei auf den Fußweg abgedrängt und eingekesselt. Ich stand auf der für Autos gesperrten Straße und habe das gefilmt.

Wie war da die Stimmung?

Die Blockade war friedlich. Den Einsatz des Unterstützungskommandos fand ich unnötig rabiat, ich kenne das von anderen Bundesländern so, dass bei einer Blockade erstmal mit den Verantwortlichen verhandelt wird.

Was ist dann passiert?

Ein Polizeibus fuhr auf mich zu und hat direkt neben mir eine Vollbremsung gemacht. Eine Hand kam aus dem Beifahrerfenster, dann bekam ich Pfefferspray aus unmittelbarer Nähe ins Gesicht. Die Kamera war da leider aus.

Wie fühlt sich das an?

Ich war eine Dreiviertelstunde lang blind. Das Spray brennt, die Augen verkrampfen und man kann sie nicht mehr öffnen, auf der Haut bilden sich Pusteln. Ich hatte es auch in Mund und Nase und bekam keine Luft mehr. Ich wurde von Sanitätern versorgt, später noch von einer Notärztin und einem Augenarzt.

Sie haben dann Anzeige erstattet.

Ja, wegen gefährlicher Körperverletzung. Es gab ein internes Ermittlungsverfahren, die Aussagen von mir, zweier Zeugen und den Polizisten im Bus wurden aufgenommen. Aber das Verfahren wurde eingestellt, weil die Beamten ausgesagt haben, dass ich in einem Demonstrantenpulk gestanden hätte, Herr M. ausgestiegen sei und sich im Nahkampf wehren musste. Mein Antrag auf Klageerzwingung wurde abgelehnt, wegen der widersprüchlichen Aussagen. Das fand ich empörend, denn eine Hauptverhandlung soll ja gerade die Beweiskraft der Zeugenaussagen klären. Die Beamten im Bus waren alle junge Untergebene von M.. Teil des Wiederaufnahmeantrags ist, dass es heute keine Loyalitätsverpflichtung mehr gibt, die Beamten könnten jetzt ohne Druck aussagen.

Was erhoffen Sie sich, falls das Verfahren wieder aufgenommen wird?

Eine Verhandlung mit allen Zeugen und die Verurteilung des Beamten. Wenn M. auch für den Fall in Rosenheim verantwortlich sein sollte, vermute ich, dass er Misshandlungen für ein legitimes Mittel der Polizeiarbeit hält. Mit Stress und Überforderung kann ich das bei jemandem in dieser Position nicht erklären.

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