Vor den Gesprächen:Der Teufel steckt im Detail

Für das neue Integrationsgesetz haben SPD, Grüne und Freie Wähler ihre ganz eigenen Vorstellungen

Von Wolfgang Wittl

Wenn die Staatsregierung an diesem Freitag die Fraktionsspitzen zu einem ersten Gespräch über ein Integrationsgesetz erwartet, dann gehen die Gedanken in der SPD und bei den Grünen erst einmal weit zurück: Schon 2011 und 2015 habe die SPD ein entsprechendes Gesetz einbringen wollen, sagt Fraktionschef Markus Rinderspacher, beide Male sei man am Widerstand der CSU gescheitert. Die Grünen hätten bereits 2001 einen ersten Versuch unternommen, dann erneut 2005, 2008 und 2012, rechnet Fraktionssprecher Ludwig Hartmann vor. Es erging ihnen wie der SPD. Umso mehr freue man sich, dass in der CSU offenbar ein Umdenken stattgefunden habe, sagen die Oppositionsvertreter. Man gehe offen in die Gespräche und sei gerne zur Zusammenarbeit bereit. Aber sehr wohl mit eigenen Vorstellungen.

Welche das sind, wird am Donnerstag deutlich: Man werde an keinem Gesetz mitwirken, "das Ausländer nur an die Kandare nimmt", stellt Rinderspacher klar. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause hält das Papier der Staatsregierung noch für "arg verbesserungsbedürftig und einseitig". Beim Punkt Fordern sei der CSU anscheinend deutlich mehr eingefallen als zum Fördern. Man müsse aber nicht nur Pflichten für Ausländer formulieren, sondern auch deren Rechte, die natürlich auch eingefordert werden können.

Besseren Zugang zur Bildung, mehr Wohnungen, eine zügigere Integration in den Arbeitsmarkt und vor allem eine ausreichende Zahl an Sprachkursen - darüber herrscht im Landtag weitgehend Konsens. Wie die Themen im Detail umgesetzt werden, da wird es schon kniffliger. 20 000 Kita-Plätze und 11 000 neue Stellen für Erzieherinnen fordert Rinderspacher, anstatt Millionenbeträge für das Landesbetreuungsgeld auszugeben. Die Grünen wünschen sich ein Integrationsministerium, in dem alle Aufgaben gebündelt werden.

Mehr Geld verlangt die gesamte Opposition: Integration dürfe nicht unter einen Finanzierungsvorbehalt je nach Haushaltslage gestellt werden, sagt Bause. Notfalls müsse der Staat Schulden in Kauf nehmen, langfristig zahle sich das aus. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger fordert Bund und Land auf, die Kommunen zu entlasten. Man werde nicht akzeptieren, dass die CSU den Gipfel als Placebo-Veranstaltung nutze und dass Kommunen "auf den Kosten einer planlosen Asylpolitik sitzenbleiben".

Strittig dürfte der Punkt werden, wie Sanktionen aussehen, falls Migranten sich der Integration verweigern. Die CSU kann sich eine Verschärfung über die Bundesrichtlinien hinaus vorstellen, die Grünen derzeit nicht. Auch mit der von der CSU geforderten Orientierung an der Leitkultur kann Bause nichts anfangen. Grundlage für SPD und Grüne sind die Bayerische Verfassung und das Grundgesetz.

In der Staatskanzlei zeigt man sich überrascht, dass über die vorgelegten Eckpunkte bereits vor dem gemeinsamen Gespräch diskutiert wird. "Wir wollen einen größtmöglichen Konsens für ein Integrationsgesetz", betont Staatskanzleichef Marcel Huber, der mit Sozialministerin Emilia Müller das Kabinett vertritt: "Mediale Vorfestlegungen schaden da nur." Man müsse sich das vorstellen wie in einer funktionierenden Hausgemeinschaft, sagt Huber. "Die Menschen, die bei uns leben möchten, müssen sich an eine gemeinsame Hausordnung halten."

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