Volkszählung:Bayerische Städte klagen gegen Zensus

Weniger Geld aus der Landeskasse: Städte wie Nürnberg und Würzburg haben laut der aktuellen Volkszählung weniger Einwohner als gedacht und fürchten finanzielle Verluste. Nun wollen sie gegen das "untaugliche Verfahren" des Zensus klagen.

Viele bayerische Städte und Gemeinden wehren sich vor Gericht gegen das Ergebnis des Zensus 2011. Die Volksbefragung hatte für viele Kommunen eine niedrigere Einwohnerzahl ergeben als zuvor angenommen. 34 Klagen lagen dem Landesamt für Statistik bis Ende vergangener Woche bereits vor, wie das Innenministerium mitteilte. In Nürnberg und Würzburg entscheiden an diesem Mittwoch die Stadträte über den Gang zum Verwaltungsgericht.

Die Stadtchefs halten das Verfahren der Volksbefragung für fehlerhaft und damit rechtswidrig. Weniger Einwohner bedeuten für Städte und Gemeinden finanzielle Einbußen, da Landesmittel teils nach Bevölkerung verteilt werden.

"Man betritt da jetzt absolutes Neuland, sowas gab's noch nicht", sagte der Sprecher des Bayerischen Städtetages, Achim Sing. Die Chancen der Klagen könne derzeit niemand einschätzen. "Der Städtetag kann seinen Mitgliedern weder zu- noch abraten, begleitet sie aber bei ihrer Entscheidung."

Deutliche Einbußen

Die Zeit drängt, denn die Kommunen haben nur einen Monat nach Eingang des Bescheids Zeit, um zu klagen. Sollte die Volkszählung stimmen, hat Nürnberg rund 13.000 Einwohner weniger als zuvor angenommen. Nach einer Hochrechnung der Stadt könnte das zwischen 15 und 20 Millionen Euro weniger bedeuten. In Würzburg beläuft sich der Schwund in der Statistik auf gut 9000 Menschen, die Stadt schätzt den Verlust auf etwa eine Million Euro.

Die Kommunen halten die Zensus-Zahlen für falsch: Das Verfahren sei "untauglich" gewesen, seine Anwendung somit rechtswidrig, heißt es in der Beschlussvorlage für den Nürnberger Stadtrat. "Mit dem Verfahren wurden "Übererfassungen" im Melderegister wesentlich leichter aufgespürt als "Untererfassungen", was zu massiven Verzerrungen führte."

Verschiedene Verfahren

Um die Bevölkerungszahl zu ermitteln, gingen die Statistiker von einer Stichprobe aus und rechneten diese anschließend hoch. Dabei wurden zwei verschiedene Verfahren für größere Gemeinden und solche mit weniger als 10.000 Einwohnern angewendet. Als Grund nannte das Bayerische Innenministerium, dass die Abweichungen in den Melderegistern je nach Gemeindegröße ungleich verteilt seien - dies habe ein vorhergehender Test ergeben. Die klagenden Gemeinden sehen jedoch eine Ungleichbehandlung mit unterschiedlich guten Ergebnissen.

Auch in anderen Bundesländern haben Städte bereits Klagen gegen das Zensus-Ergebnis angekündigt, beispielsweise Bonn. Wie lange sich der Rechtsstreit hinziehen könnte, ist völlig offen. Der Ausgang eines Klageverfahrens sei aufgrund der Komplexität des Themas nur schwer absehbar, schreibt die Würzburger Verwaltung. Sie will deshalb jetzt fristwahrend Klage einlegen - und später nochmals prüfen, wie es um die Erfolgsaussichten steht.

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