Vogelplage in Unterfranken:Gans schön viele

Seepromenade mit Badegästen

Nicht nur in Sand am Main scheinen die Gänse manch einem als Plage. Auch an der Seepromenade in Herrsching sind sich in Massen unterwegs.

(Foto: STA Franz X. Fuchs)

"Und dann umkurvt man 30 Haufen": Das unterfränkische Sand am Main hat ein Gänse-Problem. Im Interview verrät Bürgermeister Bernhard Ruß, wie er der Plage Herr werden will und warum die Tiere sich vor ihm ganz bestimmt nicht fürchten.

Von Olaf Przybilla

Bernhard Ruß, 58, Bürgermeister im unterfränkischen Sand am Main, hat ein Problem. Die Zahl der Gänse droht allmählich die Zahl der Gemeindebewohner zu übersteigen. Mit unangenehmen Folgen.

SZ: Was ist denn bei Ihnen los?

Bernhard Russ: Sie meinen die Gänseplage? Ja, die ist lästig, wenn ich auch nicht von biblischen Ausmaßen reden möchte.

In Ihrem Gemeinderat gibt es Stimmen, die befürchten, in Sand am Main gäbe es demnächst mehr Gänse als Menschen.

So ist es noch nicht. Allerdings leben unsere 3000 Einwohner sicher weniger dicht beieinander als die Hunderte von Gänsen.

Wo ist das Problem?

Schauen Sie: Auf unserem Campingplatz sind im Sommer tausend Leute, an schönen Badeseen, ein echter Wirtschaftsfaktor. Letzte Woche war ich dort, da sitzen etwa 20 dieser Gänse. Ist doch schön, könnte man sagen, jedenfalls grundsätzlich. Die haben inzwischen auch keine Angst mehr vor Menschen. Die sehen einen, schwimmen drei Meter raus, schauen einen an. Und dann umkurvt man 30 Gänsehaufen.

Tät es vielleicht ein Reinigungsdienst?

Wir haben einen Platzwart, klar. Das Problem ist die Dimension. Kürzlich haben wir bei 40 Gänsen aufgehört zu zählen. 200 auf einem Haufen gab es auch schon. Und verzeihen Sie, die Hinterlassenschaften: Moment, ich hol' mal die Zahlen...

Ja?

Hier: Bis zu zwei Kilogramm Kot pro Gans und Tag, auf mehr als 150 Portionen verteilt. Da hört der Spaß irgendwann auf.

Die Camper reisen in Scharen ab?

Das nicht, wir haben hier naturverbundene Dauercamper, treue Leute. Die haben sich ein Wochenenddomizil angelegt, mit Vorgärtchen. Die sind schon standorttreu und räumen die Haufen auch mal selber weg. Aber es darf nicht zu viel werden.

Die Gemeinde hat sich auf ihren Baggersee-Inseln ein Vogelparadies versprochen. Und jetzt hat sie es doch, oder?

Es hat jetzt gar keinen Sinn, die Belange der Gemeinde gegen den Naturschutz auszuspielen. Wir heißen nicht umsonst Sand am Main, bei uns verlaufen Sand- und Kiesbänke und da sind seit den 1960er Jahren viele Baggerseen ausgehoben worden. Und die mussten renaturiert werden. Also hat man diese Inseln angelegt. Gut: Inseln bedeuten aber nun auch, dass die Areale nicht für alle zugänglich sind. Und dass es da keine natürlichen Feinde gibt.

Und das sehen die Gänse genauso.

Offenbar. Wir versuchen jetzt künstliche Zugänge, also Dämme, zu den Inseln zu legen, damit der natürliche Feind die Inseln erreicht. Aber das ist alles nicht so einfach.

Und das dauert.

Ja, und diese Tiere vermehren sich unheimlich schnell. Deshalb forcieren wir eine zweite Möglichkeit: das Jagen. Aber auch das ist alles nicht so einfach: Diese Tiere erkennen den Jäger. Wenn der mit seiner Flinte kommt, egal wie verkleidet er ist, die Gänse ahnen, was er will. Übrigens ganz anders als beim Bürgermeister: Als ich jüngst am See war, sind sie einfach drei Meter ins Wasser und haben geschaut. So nach dem Motto: Du mit deinen Sonntagsklamotten, kommst uns ja eh nicht hinterher.

Das Abschießen muss also sein?

Tatsache ist: Wir haben ein Problem. Diese Kanadagänse sind hier irgendwann hängengeblieben und die gehen den Landwirten ans Wintergetreide. Wenn die Saat weggefressen ist, kannst Du nicht mehr nachsähen. Oder beim Mais: Klar, man denkt, die werden schon satt sein nach so einem Maisstengel. Aber die fressen die Wurzeln, und nicht nur eine. Der Schaden für unsere Bauern liegt im fünfstelligen Bereich.

Ist Kanadagans schmackhaft?

Habe noch keine gegessen. Es kommt wohl auf die Flugstunden der Gans an und auf die Künste des Kochs. Kanadagans wird hier noch nicht angeboten. Aber nächstes Jahr feiern wir 875-jähriges Gemeindejubiläum. Wir sind am Überlegen, ob man zum Martinstag einen großen Ganstag macht.

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