Landkreis Landshut:Ein Dorf ohne Handyempfang

  • Ein Ort mit 650 Bewohnern im Landkreis Landshut hat keinen Handyempfang.
  • Die Telekom als Betreiber sagt jedoch, dass es dort schwachen Empfang geben müsste.
  • Wirtschaftlich hat kein Betreiber ein Interesse an einem Netzausbau, die Gemeinde selbst darf nicht tätig werden.

Von Maximilian Gerl, Vilsbiburg

Wer Johann Meier erreichen will, muss hoffen, dass er nicht zu Hause ist. Sobald er nach Haarbach kommt, hört er im Handy Rauschen. Kein Netz mehr, kein Empfang. Sagt Meier. Sein Anbieter, die Telekom, sagt das Gegenteil: Meier müsste Empfang haben.

Ja, was jetzt? Das fragen sich auch die übrigen 650 Einwohner Haarbachs, einem Ortsteil von Vilsbiburg (Landkreis Landshut). Seit Jahren hoffen sie, dass sie besseren Handyempfang bekommen - beziehungsweise überhaupt einen. Passiert ist weder das eine noch das andere. Wobei, stimmt nicht ganz: 2016 fiel in Haarbach das Internet aus. Weil die Festnetztelefone im Ort auf IP-Telefonie umgestellt waren, fielen auch sie aus. Kein Internet, kein Festnetz, kein Handyempfang. Zwei Tage lang war Haarbach quasi abgeschnitten vom Rest der Welt.

Meier kämpft für mehr Empfang. In einem Brief an die Stadt Vilsbiburg, Innenminister Joachim Herrmann (CSU), die Bundesnetzagentur und die Telekom schildert er den Internetausfall. Wenn sich der wiederhole, wie sollten die Haarbacher ohne Empfang etwa den Notarzt verständigen? Die Bundesnetzagentur antwortete, dass ihr die Hände gebunden seien, Ausbau und der Betrieb des Mobilfunknetzes obliege den Betreibern. Die Telekom konstatierte, dass "der gesamte Ort Haarbach relativ schlecht versorgt" sei. Doch außerhalb von Gebäuden solle größtenteils Empfang herrschen. Meier sagt: "Wir haben aber weder drinnen oder draußen Empfang."

Paradox? Überall in Bayern gibt es weiße Flecken auf der Mobilfunkkarte, Orte, an denen kein Empfang herrscht. Nur wie groß die Flecken genau sind, lässt sich schwer sagen, wie der Fall Haarbach zeigt. Egal, welches Netz: Im und ums Dorf gibt es Funklöcher. Vor der Haustür sollte Meier aber ein bisschen Empfang haben, den GSM-Standard, besser bekannt als 2 G. Der reicht fürs mobile Surfen nicht, doch Telefonieren und SMS-Schreiben wäre drin. Theoretisch. Warum Meier nicht telefonieren kann, obwohl er telefonieren könnte, dafür gibt es mehrere Erklärungen. Als wahrscheinlichster Störenfried gelten die Hügel rund um Haarbach, sie können Funkwellen blockieren. In den Netzkarten ist die Topografie eingerechnet - allerdings nicht immer metergenau.

Im Vilsbiburger Rathaus ist das Problem bekannt. Man habe alle Provider angeschrieben, doch für keinen lohne sich ein Ausbau des örtlichen Netzes. Selbst könne man nicht tätig werden, sonst würde ein einzelner Betreiber subventioniert. Meier glaubt jedoch, eine Lösung gefunden zu haben, und schickt ein Foto vom Haarbacher Ortseingang. Im Vordergrund die Landstraße, im Hintergrund ein grauer Pfosten, vielleicht fünf Meter hoch. Eine Funkanlage von der Telekom, so hat es Meier ein befreundeter Techniker erklärt. "Für 15 000 Euro müssten die eine Antenne draufschrauben, schon hätten wir in Haarbach Empfang." Meier wäre sogar bereit, einen Teil der Kosten zu übernehmen.

Doch auch für die Lösung gilt: Sie existiert nur theoretisch. In Haarbach gibt es keinen Sendemasten. Die Bundesnetzagentur kann den Maststandort "keiner Mobilfunkanwendung" zuordnen, die nächsten Sendeeinrichtungen befänden sich in einem Gewerbegebiet in Vilsbiburg. Auch die Telekom schreibt in ihrer Antwort an Meier, dass ihr die Anlage nicht gehöre.

Ja, was jetzt? Müssen sie mal schauen in Haarbach, wie es weitergeht. Meier will weiterkämpfen.

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