Verweste Leiche im Küchenschrank:Freund verweigert Aussage

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War es Totschlag oder nicht? Zehn Monate lang lag die Leiche unentdeckt im Küchenschrank, jetzt hat vor dem Schwurgericht Traunstein der Prozess gegen einen 29-Jährigen begonnen. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass der Mann seine Freundin erwürgt und im Schrank versteckt hat.

Die Leiche lag zehn Monate unentdeckt im Küchenschrank - seit Dienstag muss sich der Freund des Opfers in einem Indizienprozess vor dem Schwurgericht Traunstein verantworten. Der 29-Jährige soll nach Angaben der Staatsanwaltschaft die Frau im Streit erwürgt und dann im Schrank versteckt haben. Doch der Angeklagte wird wohl nichts zur Aufklärung des Falls beitragen.

In Traunstein hat der Prozess gegen einen 29-Jährigen begonnen - die Staatsanwaltschaft glaubt, er habe seine Freundin erwürgt und ihre Leiche in einem Küchenschrank versteckt. (Foto: dapd)

Der wegen Totschlags angeklagte Mann ließ zum Beginn des Verfahrens durch seinen Verteidiger erklären, dass er sich weder zur Sache noch zu seiner Person äußern werde. Er verfolgte den ersten Tag beinahe regungslos auf dem Stuhl der Anklagebank. Das Gericht will nun klären, was im Oktober 2010 in der Traunsteiner Wohnung des Paares geschah.

Das letzte Lebenszeichen der 28-Jährigen ist vom 14. Oktober 2010. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass der aus Thüringen stammende Mann seine Lebensgefährtin an einem der Tage danach im Streit erwürgte und die Leiche im Küchenschrank versteckte, um das Verbrechen zu vertuschen.

Der Eigentümer der Wohnung in Traunstein fand die Tote allerdings erst im August 2011 beim Ausräumen. Den Verwesungsgeruch hatte er zuvor nicht bemerkt, weil Müll, Lebensmittelreste und Hundekot diesen überlagerten. Die Frau war von niemandem vermisst worden, sie soll über Jahre hinweg Drogen- und Alkoholprobleme gehabt haben. Die Leiche war, als sie gefunden wurde, schon so stark verwest, dass keine Todesursache mehr festgestellt werden konnte.

Gewalttätige Übergriffe

Zu Prozessbeginn schilderte ein Kripobeamter, wie er mit einem Durchsuchungsbeschluss in der Tasche am Tag nach Entdeckung der Leiche den Freund des Opfers im thüringischen Eisenberg vernahm - zunächst noch als Zeugen. Dabei wurden Handy und Schlüsselbund der 28-Jährigen gefunden.

Der Mann habe ihm versichert, erst durch ihn vom Tod seiner Freundin erfahren zu haben, sagte der Beamte aus. Die Beziehung will er beendet haben und wieder in die Heimat gezogen sein, weil seine Lebensgefährtin für längere Zeit bei einer Bekannten in München geblieben sei.

Der Beamte berichtete dem Gericht auch von mehreren Zeugen, die gewalttätige Übergriffe des Mannes auf das Opfer schilderten. Der Angeklagte soll die Frau mehrmals gewürgt haben. Dies ist von Bedeutung, weil bei der Obduktion der Leiche eine kaum noch verwertbare Druckstelle am Kehlkopf gefunden wurde.

Fingerabdruck am Klebeband

Drei Wochen nach der ersten Vernehmung wurde der 29-Jährige in Eisenberg als tatverdächtig festgenommen. Seitdem schweigt er zu den Vorwürfen. Einzig wesentliches Indiz für ein mögliches Tötungsdelikt des Angeklagten ist ein Fingerabdruck von ihm an einem Klebeband, mit dem die Folie um den Küchenschrank zusammengehalten war.

Der Abdruck muss nach Ansicht des Verteidigers aber nicht beweisen, dass sein Mandant die Frau tötete, wie er außerhalb des Prozesses sagte. Der Anwalt hält es stattdessen für möglich, dass es wieder einmal zu einem Gerangel kam, in dessen Verlauf der 29-Jährige seine Freundin zwar würgte, aber nicht umbrachte. Der Tod könne etwa auch durch einen Sturz erfolgt sein.

Eine Biologin vom Münchner Institut für Rechtsmedizin schilderte, dass DNA-Spuren am Tatort wegen deren schlechter Qualität nicht mehr eindeutig zuzuordnen seien. Allerdings gebe es eine DNA-Spur, die rein statistisch zum Angeklagten passe. Für den Prozess sind vier Verhandlungstage vorgesehen. Das Urteil soll am 10. Mai fallen.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/afis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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