Verlustgeschäft am Airport Nürnberg:Flügellahmer Flughafen

Das klingt nicht gut: Der Airport Nürnberg macht Miese - und zwar kräftig. Jetzt hängt alles an einer Fluggesellschaft und am Freistaat. Der soll nämlich helfen, wie schon zuvor dem Flugplatz Hof.

Katja Auer und Olaf Przybilla

Die Grünen wollen es an diesem Mittwoch ganz genau wissen. Im Nürnberger Stadtrat verlangen sie einen Bericht, wie schlimm es um den Nürnberger Flughafen tatsächlich steht. Ums Geld wird es gehen, um Zinsen und Fremdkapital, aber vor allem darum, dass dem Airport das Geld ausgeht - und wo es wieder herkommen soll. Immer wieder fällt der Satz von den 50 Millionen Euro, die in den nächsten fünf Jahren fehlen könnten. "Das ist zwar das schlimmste Szenario", bestätigt ein Aufsichtsrat der Flughafen-Gesellschaft, "aber eines, mit dem wir uns beschäftigen müssen."

Fluggastaufkommen Bayern

Fluggastaufkommen in Bayern 2010.

(Foto: SZ-Graphik: Michael Mainka)

Im vergangenen Jahr hat der Flughafen - er gehört zur Hälfte dem Freistaat und zur Hälfte der Stadt Nürnberg - einen Verlust von 3,1 Millionen Euro gemacht, im Vorjahr waren es sogar 4,8 Millionen. Als Gründe nennt Nürnbergs Stadtkämmerer Harald Riedel (SPD) die Wirtschaftskrise, auch die Vulkanaschewolke soll schuld sein und die politische Situation in Nordafrika - mit der geringeren Zahl von Touristenflügen.

Demnächst freilich könnte alles noch viel schlimmer kommen, denn die Zukunft des Flughafens ist eng mit der von Air Berlin verknüpft. Die Linie betreibt ein Drehkreuz in Nürnberg, viele Jahre war es das größte von Air Berlin in Deutschland. Mehr als jeder zweite Passagier, der in Nürnberg abfliegt oder landet, wird von Air Berlin befördert. Momentan aber ist die Linie selbst in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, und es ist unklar, ob sie ihr Drehkreuz verlegt, wenn in zwei Jahren der neue Flughafen Berlin-Brandenburg eröffnet werden soll. Würde Air Berlin abziehen, wäre das ein Debakel für Nürnbergs Airport.

Kürzlich beriet der Haushaltsausschuss des Landtags in nichtöffentlicher Sitzung über die brenzlige Situation. Ein Bekenntnis zum Nürnberger Flughafen sei dabei herausgekommen, hieß es von mehreren Abgeordneten. Wenngleich die Interpretationen unterschiedlich ausfielen.

Während die einen hinterher betonten, dass kein Geld fließe, bevor nicht ein tragfähiges Konzept vorgelegt werde, sprachen andere davon, dass die finanziellen Mittel quasi genehmigt seien. Grundsätzlich zumindest. Und so wird es wohl kommen, Freistaat und Stadt Nürnberg werden den Airport unterstützen müssen - per Kredit oder per Bürgschaft.

Egal wie: In Nürnberg ist nun eine Debatte darüber entbrannt, wie es weitergehen soll. Christian Vogel, SPD-Chef im Nürnberger Stadtrat, will geprüft wissen, ob der Airport "gesundgeschrumpft" werden müsse. Planspiele sahen einst ein Anwachsen auf 6,5 Millionen Passagiere pro Jahr und 6000 Beschäftigte vor, davon ist der Airport mit vier Millionen Passagieren und 3500 Beschäftigten weit entfernt.

"Freistaat muss dringend helfen"

Auch Kämmerer Riedel fordert, die Kosten zu senken und geplante Investitionen zu überprüfen. Für Wirtschaftsreferent Roland Fleck (CSU) ist ein anderes Problem vorrangig: "Stadt und Freistaat müssen dem Flughafen dringend mehr Eigenkapital zur Verfügung stellen", fordert Fleck - derzeit sind mehr als 75 Prozent des Kapitals bei Banken geliehen. Die Grünen fordern Hilfen der Staatsregierung, die müsste für gleiche Rahmenbedingungen der Flughäfen in Bayern sorgen.

"Es kann nicht sein, dass überflüssige Regionalflugplätze wie Hof subventioniert und in München eine dritte Startbahn forciert werden, während Nürnberg durch diese Politik zusätzlich unter Druck gerät", sagt Landtagsvizepräsidentin Christine Stahl aus Nürnberg. Mehr Geld vom Staat fordern auch die Freien Wähler - und eine Teilprivatisierung. In einer "bayerischen Flughafen AG" könnten Bayerns Airports gemeinsam verwaltet werden, schlägt Nürnbergs FW-Chef Jürgen Horst Dörfler vor.

Die seit Jahren geplante Nordanbindung des Flughafens steht nun erst recht in der Debatte. Den Flughafen erreicht man bislang auf kleinen Zubringern durchs Knoblauchsland, vorbei an den Höfen der Gemüseanbauern im Norden Nürnbergs. Weil der Flughafen lange als "Jobmotor" gepriesen wurde und ansteigende Passagierzahlen als nahezu gesichert betrachtet wurden, fordern Kommunalpolitiker eine neue Anbindung.

Bis zu 70 Millionen Euro soll die Trasse von der Autobahn quer durch den Nürnberger Reichswald kosten, bis zu 40 Hektar Wald müssten gerodet werden, rechnet der Bund Naturschutz vor. Zusätzlich müsste das Rollfeld des Airports untertunnelt werden.

Und nun? Die Passagierzahlen stagnieren, der Airport schreibt rote Zahlen, das Drehkreuz ist in Gefahr. Im schlimmsten Fall, fürchtet Brigitte Wellhöfer, Chefin der Grünen im Nürnberger Stadtrat, "hätte man eine millionenschwere Infrastruktur" - aber kaum einen, der sie braucht. Die Grünen sehen sich nun bestätigt, sie lehnten die Trasse immer schon ab.

Oberbürgermeister Ulrich Maly und die SPD haben sich zuletzt ein "Moratorium" auferlegt, eine Denkpause bis 2013. Das hätte fast zum Bruch der großen Koalition im Nürnberger Rathaus geführt - denn die CSU wetterte gegen einen Vertragsbruch der SPD. Nun sieht Kämmerer Riedel das Moratorium bestätigt: "Wir müssen unsere Planungen der Realität anpassen."

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