Verkehrssicherheit:Augsburg führt Boden-Ampeln für Handynutzer ein

Verkehrssicherheit: Augsburg, Haunstetter Straße, LED-Leuchten im Boden sollen Smartphone-Nutzer vor Trambahnen warnen Foto: Thomas Hosemann/Stadtwerke Augsburg

Augsburg, Haunstetter Straße, LED-Leuchten im Boden sollen Smartphone-Nutzer vor Trambahnen warnen Foto: Thomas Hosemann/Stadtwerke Augsburg

  • Angeblich würden Fußgänger häufig auf ihr Smartphone starren, anstatt auf den Verkehr zu achten.
  • Die Stadt Augsburg testet deshalb an zwei Trambahn-Haltestellen, ob rote Blinklichter helfen können, die Sicherheit zu verbessern.

Von Stefan Mayr, Augsburg

Das Phänomen gehört in Deutschlands Städten längst zum Alltag, es hat sogar schon Eingang in den Wortschatz gefunden. Smombies heißen jene Gestalten, die auf ihr Smartphone starrend durch die Straßen stapfen und nichts mehr wahrnehmen außer Whatsapp, Snapchat und Instagram. Chatten statt links und rechts schauen, streamen und daddeln statt anhalten und aufpassen.

Oft haben die Nach-unten-Starrer auch noch Kopfhörer auf den Ohren, dadurch bekommen sie vom Verkehr noch weniger mit. Um die derart abgelenkten Fußgänger vor sich selbst und heranfahrenden Straßenbahnen zu schützen, haben die Augsburger Stadtwerke jetzt eine innovative Sicherungsvorrichtung installiert: Rote Blinklichter am Boden sollen verhindern, dass Handy-Nutzer trotz roter Fußgänger-Ampeln die Tramtrasse überqueren.

Smombie ist eine Kombination aus den Wörtern Smartphone und Zombie und wurde im Jahr 2015 sogar zum "Jugendwort des Jahres" gekürt. Um das Leben der Smombies zu schützen, gibt es jetzt also Boden-Ampeln - oder, wenn man so will: Bompeln. Sie bestehen aus acht roten Lampen, die in die Bordsteinkante eingelassen sind.

Sobald sich eine Tram nähert und die Fußgänger-Ampel auf Rot schaltet, beginnen die Leuchten zu blinken. Noch beschränkt sich die Gehweg-Befeuerung auf zwei Haltestellen, die hauptsächlich von Schülern und Studenten benutzt werden. Die Stadtwerke wollen zunächst testen, ob ihr Rotlicht-Konzept wirksam ist.

Der Leichtsinn erstreckt sich über alle Altersgruppen hinweg

Im März verunglückte in München ein 15-jähriges Mädchen. Die Jugendliche war von einer Straßenbahn erfasst worden, als sie auf ihr Handy geschaut und mit Ohrenstöpseln Musik gehört hatte. Sie wurde mitgeschleift und starb. Auch in Augsburg gab es bereits zwei Zusammenstöße mit Trambahnen - dabei kamen die Fußgänger aber mit leichten Verletzungen davon.

Das Technik-Prüfunternehmen Dekra hat der Generation Hans-guck-in-die-Hand jüngst eine eigene Studie gewidmet. Ergebnis: 17 Prozent aller Fußgänger nutzen ihr Handy, während sie sich im öffentlichen Raum bewegen.

Welche Raktionen die Boden-Ampeln hervorrufen

Mitunter überqueren sie auch viel befahrene Straßen, ohne auf den Verkehr zu achten. Der Leichtsinn erstreckt sich über alle Altersgruppen hinweg - wobei die intensivsten Nutzer die 25- bis 35-Jährigen sind. Bei ihnen lassen sich mehr als 22 Prozent von ihrem Telefon ablenken.

Während die Handynutzung am Steuer oder auf dem Fahrrad in Deutschland ein Bußgeld nach sich zieht, können Fußgänger auf ihr Gerät starren, wie sie wollen. Wer allerdings wegen Unachtsamkeit einen Unfall verursacht, könnte dafür haftbar gemacht werden.

Extra-Spur für Smartphone-Nutzer in China

Damit es gar nicht so weit kommt, haben sich andere Städte bereits etwas einfallen lassen: In der chinesischen Millionenstadt Chongqing wurde auf Gehwegen eine Extra-Spur für Smartphone-Nutzer eingerichtet. Das US-Verkehrsministerium experimentiert in Portland (Oregon) mit sprechenden Bussen, die an Kreuzungen vor dem Abbiegen lautstarke Warnungen absetzen ("Fußgänger, der Bus biegt ab").

Bereits in mehreren amerikanischen Bundesstaaten gab es Gesetzesinitiativen, die Fußgängern das Benutzen von Handys verbieten wollten. Die meisten scheiterten, nur in Rexburg (Idaho) ist das SMS-Schreiben auf Kreuzungen oder Zebrastreifen seit 2011 verboten. Wer es dennoch tut, muss etwa 100 Dollar Strafe zahlen.

In Augsburg blinken die roten Lichterketten an den beiden Trambahn-Haltestellen seit Dienstag. Eine Reaktion gab es bereits: Ein Anrufer beschwerte sich bei den Stadtwerken, dass sie auf Steuerzahler-Kosten auch noch die Handy-Unsitte "unterstützt".

Stadtwerke-Sprecher Jürgen Fergg betont allerdings, dass die Bodenlampen durchaus auch eine allgemeine Verkehrs-Sicherungsmaßnahme darstellen: "Auch ganz normalen Fußgängern wird signalisiert, dass sie eine rote Linie überschreiten."

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