Verkehrsprojekte:Wie beschlossene Tunnelprojekte neue Begehrlichkeiten wecken

Baustelle des Oberauer Tunnels, 2016

Der Oberauer Tunnel soll von 2022 an den Verkehr der Garmischer Autobahn aufnehmen und den Ort damit deutlich entlasten.

(Foto: Johannes Simon)
  • Lange haben die Oberauer gekämpft - nun wird ein Tunnel für Hunderte Millionen Euro gegraben. 2022 soll er fertig sein.
  • Auch in Starnberg hat man sich nach 40 Jahren Streit auf den Bau eines Tunnels geeinigt.
  • Doch auch andere Gemeinden, durch die regelmäßig die Autolawinen rollen, wollen nun lieber eine unterirdische Lösung statt einer Umgehungsstraße.

Von Matthias Köpf, Oberau

Wer mit dem Auto von München Richtung Garmisch-Partenkirchen fährt, kommt im Loisachtal um Oberau kaum herum. Genau deswegen haben sich die Oberauer so lange eine Umgehungsstraße gewünscht, und genau deswegen muss diese Straße nun auch mit so hohem Aufwand durch den Mühlberg und den Kirchbichl getrieben werden.

2022 soll der knapp drei Kilometer lange und im besten Fall 204 Millionen Euro teure Tunnel fertig sein. In Starnberg hat der Stadtrat erst im Februar nach 40 Jahren Dauerstreit einen auf 162 Millionen Euro kalkulierten Tunnel akzeptiert. Solche Projekte wecken Begehrlichkeiten: Wo es um neue Straßen geht, da gilt ein Tunnel schnell als Königsweg.

"Fast überall, wo wir uns über eine Ortsumgehung unterhalten, wird pauschal der Wunsch nach einem Tunnel laut", sagt dazu der Leiter des staatlichen Bauamts in Weilheim, Michael Kordon. Seine Behörde soll an der Bundesstraße 2 zwischen Starnberg und Garmisch-Partenkirchen auch in Murnau eine Umgehungsstraße bauen, 1,7 Kilometer lang, der südliche Abschnitt als Tunnel, für grob geschätzte 30 Millionen Euro, im Bundesverkehrswegeplan unter "Vordringlicher Bedarf" gelistet.

Da wollen in Weilheim einige Bürger nicht zurückstehen, obwohl die Stadt in flachem, offenem Gelände liegt. Hier hat das staatliche Bauamt eine Ost-Umgehung anboten, der Stadtrat beschloss 2009, das Projekt beim Bund in dieser Variante anzumelden. Die Trasse führt über Wiesen und Felder und müsste im Südosten der Stadt irgendwie das "Gögerl" durchqueren, einen baumbestandenen Höhenrücken mit beliebten Spazierwegen. Eine Bürgerinitiative ist gegen die Ostumfahrung, will sich aber auch nicht vorhalten lassen, das Problem einfach den Anwohnern im Westen aufzuhalsen. Also soll ein Tunnel her, der die ganze Innenstadt unterquert.

Noch seien alle Varianten denkbar, es sei bisher vor allem darum gegangen, überhaupt eine Variante anzumelden, um in den Verkehrswegeplan zu kommen, heißt es aus dem Rathaus und vom staatlichen Bauamt. Es müssten aber ohnehin immer alle Varianten gründlich geprüft werden, um so zu einer Planung zu kommen, die nötigenfalls auch vor Gericht standhält, sagt Amtsleiter Kordon.

Tunnel eignen sich nicht für alle Umgehungen

So ein Tunnel sei aber in aller Regel sehr viel teurer als eine oberirdische Trasse, weshalb der Bund wegen des schlechteren Nutzen-Kosten-Verhältnisses womöglich nicht zahlen wolle und es am Ende gar keine Umfahrung gebe. Auch eigne sich ein Tunnel keineswegs für alle Umgehungen, weil er oft nur dem Durchgangsverkehr diene und kaum Anschlüsse an die örtlichen Straßen biete.

Neben Murnau und Weilheim muss sich Kordons Bauamt noch mit weiteren Tunnelfragen befassen: Der Kramertunnel soll Garmisch vom Verkehr zum Fernpass entlasten. Das 180-Millionen-Projekt musste 2013 abgebrochen werden, nachdem Wasser in den Erkundungsstollen gedrungen war. Gegen den Widerstand vor allem des Bundes Naturschutz will das Bauamt nun während der Bauzeit das Grundwasser absenken. Kordon hofft, nach einem ergänzenden Genehmigungsverfahren noch dieses Jahr wieder Baurecht zu bekommen. Erst nach dem Kramer-Tunnel werde man sich dem Wank-Tunnel zuwenden, der den Verkehr Richtung Mittenwald und Seefeld um Partenkirchen herumführen soll.

Südumfahrung für Waakirchen?

Dass diese vielen Tunnel-Projekte ebenso wie Oberau und der geplante Auerbergtunnel am Ende der A 95 bei Eschenlohe im Wahlkreis von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) liegen, hat diesem schon viel Kritik von SPD und Grünen eingebracht und dient nun nicht nur den Weilheimer Tunnelfreunden als Argument. Ähnlich argumentieren viele Bürger von Waakirchen im Landkreis Miesbach. Der Ort leidet seit langem unter dem Ost-West-Verkehr durchs Oberland, das zuständige Bauamt in Rosenheim hat dem Bund eine Südumfahrung vorgeschlagen.

Die würde durch eine teils geschützte Wiesenlandschaft und an den Augen und Ohren mancher Anwohner vorbeiführen. Man habe eben eine Variante nennen müssen, heißt es auch aus Rosenheim, doch manche Waakirchner fühlen sich regelrecht hintergangen. 3500 Bürger haben gerade für einen Tunnel unterschrieben, doch das Bauamt hält ihn für zu teuer und zudem von geringem Nutzen, weil der viele Verkehr Richtung Tegernsee weiterhin oben durch den Ort fließen werde. Gleichwohl versichert auch das Rosenheimer Bauamt, man werde alle Varianten in einer Machbarkeitsstudie prüfen.

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