Verkehr:Neuburg will eine Brücke bauen - mitten durchs Naturschutzgebiet

Verkehr: Eine Brücke mitten durch die Donau-Auen will der Neuburger Stadtrat vorantreiben. So könnte sie aussehen.

Eine Brücke mitten durch die Donau-Auen will der Neuburger Stadtrat vorantreiben. So könnte sie aussehen.

(Foto: Stadt Neuburg/oh (Simulation))
  • Die Bewohner von Neuburg an der Donau sollen abstimmen: Wollen sie eine Umgehungsstraße mit einer neuen Donaubrücke, die teilweise durch Naturschutzgebiet führt?
  • Die CSU um Oberbürgermeister Bernhard Gmehling wie die Freien Wähler sind für das Projekt.
  • Alle anderen Stadtrats-Fraktionen (SPD, Grüne, FDP) sowie die Umweltschützer sind dagegen.

Von Stefan Mayr, Neuburg

Mit einer ungewöhnlichen Variante von Bürgerbeteiligung wendet sich die Stadt Neuburg/Donau derzeit an ihre Einwohner: Sie schickte allen Wahlberechtigten einen Brief zu, in dem sie um die Stimme des Adressaten bittet. Diese "Bürgerbefragung" dreht sich um eine seit Jahrzehnten umstrittene Frage, die die Stadtoberen nicht zum ersten Mal klären wollen: Soll die Stadt eine Umgehungsstraße bauen mit einer neuen Donaubrücke, die teilweise durch schützenswerte Natur führt?

Die CSU um Oberbürgermeister Bernhard Gmehling ist ebenso für das Projekt wie die Freien Wähler. Alle anderen Stadtrats-Fraktionen (SPD, Grüne, FDP) sowie die Umweltschützer sind dagegen. Es hat sich auch ein Aktionsbündnis gegründet mit dem klingenden Namen "Nein zu dieser Scheinlösung! Keine Joshofener Brücke!". Deren Sprecher Uwe Jakob spricht von einem "Monstrum", das "wertvollste Naturschutzgebiete durchschneidet und damit unwiederbringlich zerstört". Der Nutzen der Umgehung stehe in keinem Verhältnis zum Schaden, den die Trasse durch den Auwald am Donau-Ufer anrichte. Statt des aufwendigen Neubaus fordert Jakob ein "besseres Verkehrskonzept", um die Straßen in der Innenstadt auf andere Weise zu entlasten.

In zwei Dingen sind sich Gegner und Befürworter der Donaubrücke einig. Erstens: Der Verkehr rund um die bislang einzige Donaubrücke im Stadtgebiet steht vor dem Infarkt und verschandelt das ansonsten so ansehnliche Gesicht der Renaissance-Stadt. Zweitens: Die Natur würde unter dem Bau der Umgehung mitsamt zweiter Donaubrücke leiden. Die Straße würde nördlich des Flusses durch ein sogenanntes FFH-Gebiet führen - also durch Donau-Auen, die offiziell zu einem EU-weiten Netz von Schutzgebieten gehören.

Erst 2014 hatten die Neuburger in einem Bürgerentscheid über die Brücken-Pläne abgestimmt. Damals setzten sich die Gegner knapp mit 51,3 Prozent der Stimmen durch. Warum jetzt, nur zwei Jahre später, nochmals abgestimmt wird? "Die Situation in der Stadt hat sich inzwischen drastisch verändert", sagt OB Gmehling. Die Bevölkerung sei um 2000 Einwohner auf mehr als 30 000 angestiegen, entsprechend sei auch die Zahl der zugelassenen Autos gewachsen.

Neuburg profitiert dabei von der Nähe zur Boomtown Ingolstadt. Viele Unternehmen - unter ihnen auch Audi mit seinem "Fahrerlebniszentrum" - siedelten sich an. Diese Entwicklung wird wohl anhalten, nicht zuletzt, weil die Technische Hochschule Ingolstadt einen Campus für 1000 Studenten im Stadtzentrum plant. Gmehling räumt ein, dass die Brücke ein sensibles Stück Natur beschädigen würde, er sagt aber auch: "Diese Umgehungsstraße wäre eine ganz wichtige Infrastrukturmaßnahme." Der Dritte Bürgermeister Hans Habermeyer (Freie Wähler) diagnostiziert schon jetzt einen "Verkehrskollaps". An Regentagen seien die Straßen um die Elisenbrücke dermaßen verstopft, "da kommen sie nur sehr zögerlich durch die Innenstadt oder gar nicht."

Die Bürgerbefragung dauert zwei Wochen

Ein Grund für die neuerliche Abstimmung ist wohl auch ein Besuch von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in seinem Wahlkreis. Im Frühjahr versprach Seehofer seinem Parteikollegen Gmehling, die Ortsumfahrung großzügig mit Fördergeld zu unterstützen, sofern sich die Bürger für das Projekt aussprechen. Dabei ist allerdings bis heute unklar, wie viel die Umgehung am Ende kosten wird. Die Gegner sprechen von 150 Millionen Euro. Die Stadt beruft sich auf das Staatliche Bauamt und nennt 60 Millionen als Maximum.

Die Bürgerbefragung dauert 14 Tage und geht noch bis 24. November. Die Stadt investierte 30 000 Euro in einen "Informations-Film", um Aussehen und Verlauf von Straße und Brücke zu visualisieren. Und die Kommune übernimmt sogar das Porto, um eine möglichst hohe Wahlbeteiligung zu erreichen. Hintergrund: Beim Bürgerentscheid 2014 lag die Wahlbeteiligung bei mageren 42 Prozent, die Gegner hatten am Ende gerade einmal 238 Stimmen mehr.

Diesmal hoffen Gmehling und seine Mitstreiter auf eine breite Zustimmung. Sie wissen: Es ist voraussichtlich ihre letzte Chance. Sollte die Wiederaufnahme der Pläne abgelehnt werden, dann ist die zweite Donaubrücke erst einmal vom Tisch. Im Falle einer Zustimmung würde die Stadt die Planung der Umgehung aufnehmen. Dabei würden "natürlich" alle gesetzlichen Vorgaben beachtet, betont Gmehling. Sein Kontrahent Uwe Jakob zeigt sich dennoch überzeugt: "Diese Brücke wird nie kommen." Er rechnet mit Klagen der Umweltverbände.

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