Vergewaltigungsprozess in Augsburg:Protokoll eines Albtraums

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Eine 18-jährige Auszubildende soll von vier Männern nacheinander vergewaltigt worden sein - 40 Minuten lang. Vor Gericht streiten die mutmaßlichen Täter alles ab.

Stefan Mayr

Der Inhalt dieser Anklageschrift kann nur als Albtraum jeder Frau bezeichnet werden: Eine 18-jährige Auszubildende soll von vier Männern nacheinander vergewaltigt worden sein. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft dauerte das Martyrium auf dem Parkplatz einer Diskothek im schwäbischen Gersthofen 40 Minuten lang. Laut Anklage wehrte sich die Geschädigte zunächst und schrie mehrmals "Nein" und "Lasst mich".

Doch die Täter hielten ihr den Mund zu und machten weiter. Am Montag mussten sich vier Männer im Alter von 19 bis 24 Jahren vor dem Landgericht Augsburg wegen des Vorwurfs der gemeinschaftlichen Vergewaltigung und gefährlichen Körperverletzung verantworten. Sie wiesen die Vorwürfe zurück und beteuerten, der Sex sei einvernehmlich gewesen.

Alle vier Angeklagten wohnten bis zuletzt noch bei ihren Eltern, zwei waren in der Ausbildung, zwei berufstätig. Drei davon spielen in derselben Fußball-Mannschaft. Am 25.Juli 2010 mieteten die Freunde einen 5erBMW, um von Erlangen aus in den Augsburger Vorort zu fahren. In der dortigen Diskothek wollten sie den Geburtstag des Angeklagten Coskun K. feiern, schon unterwegs tranken sie Whiskey und Wodka. In dem Tanzlokal wurde eifrig weitergetrunken, Bier und Schnaps.

Waren die Angeklagten extra in eine 160 Kilometer entfernte Stadt gefahren, um sich dort ein Opfer zu suchen und unerkannt zu verschwinden? Der Eindruck könnte entstehen, doch einer der Angeklagten betonte, er habe das Lokal ausgesucht, weil es dort eine drehbare Tanzfläche gab und eine Teilnehmerin der Fernseh-Show "Germany's Next Top Model" aufgetreten sei. Gegen drei Uhr nachts verließ Coskun K. mit der damals 18-Jährigen die Diskothek. Auch sie war angetrunken. Hinter einem Nebengebäude kam es dann auf einem unbeleuchteten Grünstreifen zum Geschlechtsverkehr.

Die drei Freunde des Angeklagten kamen hinzu, zogen ihre Hosen aus und hatten ebenfalls Geschlechtsverkehr mit der jungen Frau. Über die Umstände dieses Geschehens gibt es zweierlei Versionen: Laut Anklage hielten die Männer das zierliche Opfer "abwechselnd an den Armen, am Kopf und an den Hüften fest und schlugen ihr auf das Gesäß". Dabei soll der Frau ein Ohrring abgerissen worden sein. Ein Arzt attestierte der Geschädigten später Verletzungen im Intimbereich und Schwellungen an den Knien.

"Für mich war das ein Liebes-Abenteuer"

Laut Staatsanwaltschaft war die Geschädigte aufgrund dieser Vorfälle nach dieser Nacht sieben Wochen in stationärer psychiatrischer Behandlung. Ihre Ausbildung musste sie abbrechen, nach Angaben ihrer Anwältin Marion Zech leidet die inzwischen 19-Jährige bis heute an den Folgen der Tat. Coskun K. sprach dagegen nur von einem "leichten Klaps auf den Po": "Für mich war das ein Liebes-Abenteuer, aber alles einvernehmlich", sagte der adrett gekleidete Auszubildende, der einmal Bürokaufmann werden will. Nach seiner Aussage habe ihn die junge Frau geküsst, ihre Beine um seine Hüfte geschlungen und sich auf seinen Schoß gesetzt. "Einmal sagte sie, sie hätte schon einmal besseren Sex gehabt", so der Angeklagte.

Der Richter machte nicht den Eindruck, als würde er das glauben. Fest steht, dass die 18-Jährige wenig später weinend die Türsteher ansprach und ihnen mitteilte, dass sie soeben vergewaltigt worden sei. Dies wiederum bekamen die Männer aus Erlangen mit. Sie verließen daraufhin fluchtartig das Lokal. "Ich bin rausgejoggt", so Coskun K.. Auf die Frage des Richters, warum er wegrannte, obwohl der Sex einvernehmlich gewesen sein soll, sagte der 19-Jährige: "Wir dachten, die wollten uns schlagen."

Drei Wochen später wurden die Männer in Erlangen festgenommen. In der Vernehmung bei der Polizei räumte Coskun K. ein, "es war nicht in Ordnung, wie es gelaufen ist". Er habe auch ein schlechtes Gewissen, weil er das Mädchen mit seinen drei Freunden alleine ließ. Ein anderer Angeklagter hatte vor der Polizei angedeutet, dass die Männer den Kopf des Mädchens beim Oralverkehr "festhalten" mussten. Diese Aussage bezeichnete er im Prozess allerdings als falsch.

Das Verfahren wird am kommenden Montag fortgesetzt. Dabei muss womöglich die 19-Jährige als Zeugin aussagen.

© SZ vom 31.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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