Verbraucherschutz:"Es fehlt der Mut"

Opposition kritisiert Reform der Lebensmittelüberwachung

Von Christian Sebald

Die Landtagsopposition übt erneut scharfe Kritik an der Reform der Lebensmittelüberwachung in Bayern. "Einmal mehr fehlt der Mut, aus den jüngsten Lebensmittelskandalen die Schlüsse zu ziehen und die Koordination der Lebensmittelkontrollen bei einer zentralen Behörde zu bündeln", sagt die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen, Rosi Steinberger. "Vor allem bei den Schlachthöfen und fleischverarbeitenden Betrieben gibt es auch in Zukunft ein Kompetenzwirrwarr." Die Freien Wähler befürchten, dass die neue Behörde zu wenig Personal bekommt. "Wir bezweifeln, dass die große Zahl von rund tausend Betrieben mit dem Personal bewältigt werden kann, das für die Spezialbehörde vorgesehen ist", sagt der FW-Politiker Benno Zierer. "Es muss sichergestellt werden, dass die neue Behörde die sogenannten Risikobetriebe völlig eigenständig überwachen kann."

Zuvor war ein Eckpunktepapier über die Grundzüge der Reform bekannt geworden. Bisher sprach Verbraucherministerin Ulrike Scharf (CSU) nur von sogenannten komplexen Betrieben, für deren Kontrolle die neue Zentralbehörde zuständig sein wird. Sie soll am 1. Januar 2018 ihren Dienst aufnehmen. Nach dem Papier sind komplexe Betriebe überregional tätige Lebensmittel-Großbetriebe - von Schlachthöfen und Großmetzgereien über Molkereien, Großbäckereien, Mälzereien und Zuckerfabriken bis hin zu Massenhaltungen von Schlachtgeflügel und Legehennen. Teile der Überwachung von Schlachthöfen bleiben aber in Hand der Landratsämter.

Dienstsitze der Behörde sollen Kulmbach und Erding sein. An Erding nahm die Opposition bereits heftigen Anstoß. Sie warf Scharf, deren Stimmkreis der Landkreis Erding ist, Vetternwirtschaft vor. In dem Eckpunktepapier führen Scharfs Beamte "in besonderem Maße fachlich-organisatorische Gesichtspunkte" für die Standortentscheidung an. Zum einen liege die Kreisstadt zentral und verkehrsgünstig mitten in Südbayern, die Großbetriebe in Schwaben, Oberbayern und Niederbayern, für die sie zuständig sein wird, seien von Erding aus sehr gut erreichbar. Außerdem weise Oberbayern die höchste Zahl an komplexen Betrieben auf. Ein anderes Kriterium sei die Nähe von Erding zum Flughafen München. Die dortige Grenzkontrollstelle soll laut Scharf in die Zentralbehörde integriert werden. Die Zahl der Planstellen, die für sie geschaffen wird, beträgt 70. Dazu kommen die 20 Planstellen der Task-Force für Lebensmittelsicherheit, die aus dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit an sie verlagert werden. Die Reform wird in den Jahren 2017 und 2018 vier Millionen Euro kosten.

"Wir sind auf einem guten Weg", sagt Scharf. "Wir schaffen für die komplexen Betriebe eine neue starke und bayernweit zuständige Behörde." Dabei hob sie die vielen Gespräche hervor, die ihre Experten mit Verbänden und Politikern geführt hätten. "Dank ihrer haben wir eine gute Ausgangsposition für eine erfolgreiche Reform." Grund der Reform sind die immer wiederkehrenden Lebensmittelskandale in Bayern, zuletzt der um die Firma Bayern-Ei, die im Verdacht steht, für einen europaweiten Salmonellen-Ausbruch mit mehreren Toten und Hunderten Erkrankten verantwortlich zu sein. Der Oberste Rechnungshof, die Opposition und unabhängige Experten fordern den kompletten Abzug der Lebensmittelkontrolle von den Landratsämtern. Bislang sind die 71 Landratsämter in Bayern alleine zuständig für die Lebenskontrolle. Nach Einschätzung ihrer Kritiker wird die Reform nur dann ein Erfolg, wenn die Überwachung insgesamt an einer neuen Behörde zentralisiert ist. Scharf teilte die Einschätzung. Nach Intervention der Landräte, die möglichst wenig von ihrer Kompetenz abgeben wollen, entschied sie sich für eine teilweise Zentralisierung.

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