Affäre um Bayern-Ei:"Dieser Skandal sollte vertuscht werden"

Geflügelzucht Baumeister

Am Fließband: Die meisten Eier, ob weiß oder braun, werden in Bayern in Betrieben mit Massentierhaltung produziert.

(Foto: Oliver Berg/dpa)
  • Die SPD wirft der bayerischen Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf schwere Versäumnisse im Skandal um die Firma Bayern-Ei vor.
  • Ein Skandal sollte vertuscht werden, meint die Opposition.
  • Die Ministerin weist die Vorwürfe zurück, auch ihr Amtsvorgänger Huber sieht keine Versäumnisse der Behörden.

Von Christian Sebald, Frederik Obermaier und Wolfgang Wittl

Im Skandal um die mit Salmonellen verseuchten Eier der niederbayerischen Firma Bayern-Ei wirft die SPD der bayerischen Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf (CSU) schwere Versäumnisse vor. Scharfs Aussage, die bayerischen Behörden hätten keine Fehler gemacht, sei nicht mehr zu halten, sagte SPD-Verbraucherschutzexperte Florian von Brunn am Mittwoch im Landtag. Außerdem habe die Ministerin die "Aufklärung verzögert" und "die Öffentlichkeit desinformiert". "Dieser Skandal sollte vertuscht werden", sagte Brunn. Scharf wies die Vorwürfe zurück. "Die zuständigen Behörden haben nach jetzigem Kenntnisstand bei dem Salmonellenausbruch im Sommer 2014 nach Recht und Gesetz gehandelt", teilte ein Ministeriumssprecher mit.

Ein Vorwurf Brunns lautet, trotz positiver Salmonellenprobe seien aus dem Bayern-Ei-Betrieb in Aiterhofen im August 2014 Eier der Handelsklasse A in den Verkauf gelangt, obwohl dies rechtlich gar nicht zulässig gewesen sei. "Die Auslieferung hätte von den Behörden gestoppt werden müssen", sagte Brunn. Geltende gesetzliche Vorgaben seien nicht eingehalten worden. Dies habe eine Nachfrage beim Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Niedersachsen bestätigt. Dort habe es geheißen: Wenn bei einer amtlichen Probe Salmonellen auf einem Ei gefunden werden und nicht nachgewiesen werden könne, von welchem Huhn das Ei stamme, gelte die gesamte Herde als infiziert. Niedersachsen ist das Bundesland mit den größten Legebetrieben.

Verseuchte Eier möglicherweise mehrere Wochen im Umlauf

Experten sehen bei der Auslegung des Paragrafen, wonach die Eier nicht mehr für die Handelsklasse A ausgeliefert hätten werden dürfen, Spielraum. Das von CSU-Mann Christian Schmidt geführte Bundeslandwirtschaftsministerium teilte mit, dass der Paragraf erst greife, wenn bei einer sogenannten Sockentupferprobe Salmonellen festgestellt wurden oder "wenn der Tierhalter im Rahmen seiner Eigenkontrolluntersuchung Salmonellen feststellt". Die von Brunn angesprochenen positiven Proben vom 4. sowie 26. August waren allerdings keine Sockentupferproben, die Salmonellen wurden lediglich auf den Schalen mehrerer Eier gefunden. Die Eigenkontrollen von Bayern-Ei waren 2013 und 2014 am Hof in Aiterhofen stets negativ - während bei amtlichen Kontrollen übrigens mindestens zweimal Salmonellen gefunden wurden.

Nach SZ-Informationen hat Ministerin Scharf das Kabinett kürzlich informiert, dass im August 2014 Eier der Handelsklasse A aus Aiterhofen über einen Zeitraum von mehreren Wochen in den Verkehr gekommen sind. Demnach sind also mehrere Wochen womöglich verseuchte Eier im Umlauf gewesen. Dennoch sieht Scharf keinerlei Versäumnisse: "Die Behörden haben ihren Job gemacht, sie machen ihren Job, und sie machen ihren Job gut", sagte sie vergangene Woche im Umweltausschuss des Landtags. Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU), studierter Tierarzt, legte am Mittwoch nach: "Bis heute gibt es keine Hinweise auf behördliches Versagen." Huber war Scharfs Amtsvorgänger und zur Zeit des Salmonellenausbruchs für den Verbraucherschutz zuständig.

Die SPD fordert Konsequenzen

Das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hatte wichtige Proben selbst nach Warnungen aus dem Ausland erst nach mehreren Wochen an das Robert-Koch-Institut weitergeleitet. Weder das LGL noch die zuständigen Landratsämter hatten - wie in solchen Fällen eigentlich üblich - die Staatsanwaltschaft informiert. Die Experten im Ausland wurden zudem erst mit mehr als zwei Wochen Verspätung über die Salmonellen-Erkrankung eines Stallburschen von Bayern-Ei aufgeklärt. Dabei war dies ein Indiz mehr, dass der Ursprung des europaweiten Salmonellenausbruchs des Sommers 2014 in dem niederbayerischen Betrieb zu suchen war. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft Regensburg nicht mehr nur wegen des Verdachts, dass verseuchte Lebensmittel in Umlauf gebracht wurden. Es wurden nach den Berichten von SZ und BR auch Vorermittlungen wegen möglicher Verstöße gegen das Tierschutzgesetz eingeleitet.

Die SPD fordert aus der Affäre, in deren Zuge mindestens zwei Menschen in Europa zu Tode kamen, Konsequenzen. Amtliche Kontrollen müssten deutlich ausgeweitet und intensiviert werden, sagte Brunn. Dass die Ministerin die Unwahrheit gesagt habe, so weit wollte er am Mittwoch allerdings noch nicht gehen.

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